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Frühere mündliche (Examens-)Prüfungen

  • Prüfungs­termine 2024

    Mündliche Prüfung im Januar 2024 (I)

    Die baden-württembergische Stadt S möchte ihre Straßennamen von schwer belasteten nationalsozialistischen Bezügen befreien. Sie beauftragt die kundige Universitäts­professorin U mit der Identifikation problematischer Straßennamen und erhält eine Liste mit fünf Straßennamen, die U zur Umbenennung empfiehlt.

    Der Gemeinderat führt eine Bürgeranhörung durch, bei der sich die Mehrheit der Anwohnenden gegen die Umbenennungen ausspricht und bloße Hinweisschilder befürwortet. Dennoch beschließt der Gemeinderat im Januar 2024 die Umbenennung der Straßen, weil er dies nach dem Gutachten von U für alternativlos hält, und veröffentlicht den Beschluss am 12.1.2024 im Amtsblatt.

    Die seit 40 Jahren in einer der betroffenen Straßen wohnhaften Hauseigentümer und Eheleute E sind empört. Sie bringen vor, dass Aufwand und Kostenlast außerordentlich hoch seien (z.B. für die Änderung der Ausweise und Visitenkarten). Außerdem sei der neue Name (Bürgermeisterin-Elisabeth-von-Moulineaux-Straße) sehr lang und schwierig auszusprechen. Zuletzt sei die Umbenennung ein Sicherheitsrisiko, weil sich Navigations­geräte erst zeitlich verzögert aktualisierten. Lieber wäre ihnen ein hochwertiger kurzer Name wie Schlossallee.

    Hat ein förmlicher Rechts­behelf der Eheleute E Aussicht auf Erfolg?

    Mündliche Prüfung im Januar 2024 (II)

    Die Stadt S möchte der während der Covid-19-Pandemie gestiegenen Zahl von bettelnden
    Personen in der Innenstadt entgegenwirken und die Passant:innen vor unbehaglichen
    Anfragen schützen. Daher erlässt sie im Januar 2024 folgende auf §§ 1, 3 PolG gestützte
    Verfügung:

    1. In der Fußgängerzone der Stadt S ist das Betteln von März–Oktober 2024 unter­sagt.
    2. Betteln ist die an beliebige Fremde gerichtete Bitte um Gewährung eines geldwerten
    Geschenks unter Berufung auf die Bedürftigkeit des Bettelnden oder einer nahestehenden
    Person.
    3. Erlaubt bleibt das Sammeln von Spenden durch gemeinnützige Organisationen.

    A bestreitet seinen Lebens­unter­halt mit täglichem Betteln in der Innenstadt und möchte sich
    gegen das Verbot wehren.

    Ist das in der Verfügung statuierte Bettelverbot mit dem Grundgesetz vereinbar?
    Ist das erlassene Bettelverbot sonst rechtmäßig?

  • Prüfungs­simulationen

    Prüfungs­simulation im Dezember 2024

    Der Digital-Services-Act (DSA) regelt die Pflichten bestimmter Onlineplattformen in der Europäischen Union. Dar­unter fällt auch der Umgang sozialer Medien mit rechts­widrigen Inhalten. Art. 22 DSA sieht die Einrichtung von sogenannten „Trusted Flaggers“, also „vertrauenswürdigen Hinweisgebern“, vor. Sie sind von den Mitgliedstaaten zertifizierte Organisationen, deren Aufgabe darin liegt, illegale Inhalte auf Onlineplattformen dem jeweiligen Diensteanbieter zu melden. Dieser Diensteanbieter ist wiederum dazu verpflichtet, die Meldungen von vertrauenswürdigen Hinweisgebern vorrangig und unverzüglich zu bearbeiten und zu entscheiden, ob der Inhalt rechts­widrig ist und gelöscht wird. Ein Verstoß ist bußgeldbewehrt. In Deutschland verleiht der „Koordinator für digitale Dienste“ in der Bundes­netzagentur den Status als Trusted Flagger unter den Voraussetzungen des Art. 22 Abs. 2 DSA. Die private Organisation O ist auf der Plattform des Diensteanbieters D aktiv, die in den Anwendungs­bereich des DSA fällt. Immer wieder löscht D Posts von O als rechts­widrig und begründet dies nach Art. 17 DSA. O möchte aber schon im Verfahren Stellung nehmen können. Zudem befürchtet O, dass die als Trusted Flagger zertifizierte Stiftung des bürgerlichen Rechts S es auf ihn abgesehen haben könnte und Posts von O besonders häufig meldet. Art. 22 Abs. 1 und 2 DSA – Vertrauenswürdige Hinweisgeber (1) Die Anbieter von Online-Plattformen ergreifen die erforderlichen technischen und organisatorischen Maßnahmen, damit Meldungen, die von in ihrem ausgewiesenen Fach­gebiet tätigen vertrauenswürdigen Hinweisgebern […] übermittelt werden, vorrangig behandelt und unverzüglich bearbeitet und einer Entscheidung zugeführt werden. (2) Der Status des vertrauenswürdigen Hinweisgebers nach dieser Verordnung wird auf Antrag einer Stelle vom Koordinator für digitale Dienste des Mitgliedstaats, in dem der Antragsteller niedergelassen ist, einem Antragsteller zuerkannt, der nachgewiesen hat, dass er alle folgenden Bedingungen erfüllt: a) die Stelle hat besondere Sach­kenntnis und Kompetenz in Bezug auf die Erkennung, Feststellung und Meldung rechts­widriger Inhalte; b) sie ist unabhängig von jeglichen Anbietern von Online-Plattformen; c) sie übt ihre Tätigkeiten zur Über­mittlung von Meldungen sorgfältig, genau und objektiv aus.

    Hier erhalten Sie den Sachverhalt als PDF.

    Prüfungs­simulation im November 2023

    Am 26. September 2021 fand die Wahl zum 20. Deutschen Bundestag statt. Die Abgabe von Stimmen in Wahllokalen sollte regulär von 8.00–18.00 Uhr möglich sein. Im Gebiet der Stadt Berlin kam es allerdings bei der Durchführung der Wahl zu Schwierigkeiten. Zeitgleich mit der Bundestagswahl fanden dort die Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus und der Bezirksverordnetenversammlung, die Abstimmung über ein Volksbegehren sowie der Berlin Marathon statt, der mit Straßensperrungen einherging.

    Im Laufe des Tages tauchten folgende Probleme auf:

    - In etlichen Wahllokalen waren zu wenig amtliche Stimmzettel vorhanden, wodurch es eils zu längeren Unter­brechungen der Wahlhandlungen kam
    – In anderen Wahllokalen wurden fehlerhafte Stimmzettel ausgegeben
    – Es bildeten sich lange Schlangen vor Wahllokalen, die zu teils stundenlangen Wartezeiten führten
    – Etliche Wahllokale nahmen Stimmen noch nach 18 Uhr entgegen, wobei oft unklar blieb, seit wann die Wählenden in der Schlange standen (konkret hatten 11% der Wahllokale noch nach 18.30 Uhr geöffnet, einige schlossen erst nach 20 Uhr)

    Erste Prognosen auf Grundlage von Nachwahlbefragungen wurden ab 18 Uhr veröffentlicht.

    Die in Berlin wohnhafte wahlberechtigte W hatte zunächst den Marathon absolviert und wollte hiernach wählen gehen. Nachdem sie in sozialen Medien Bilder der langen Schlangen sah, beschloss sie, aufgrund ihrer müden Beine nicht ins Wahllokal zu laufen.

    Als sie in den Wochen danach liest, dass sogar ein Bundes­verfassungs­richter meint, die Medien würden Verhältnisse schildern, dass man versucht sei zu sagen, „sowas hätte man sich vor einigen Jahrzehnten vorstellen können in irgendeinem diktatorischen sogenannten Entwicklungs­land, aber doch nicht mitten in Europa, mitten in Deutschland“, fragt sie, ob sie die Wahl gerichtlich anfechten könne.