Sachverhalt:
Anlässlich von Erdarbeiten wurde bekannt, dass die Pflasterung auf dem Grundstück der A den Grenzverlauf in Richtung des Grundstücks von S überschritt. Da die Aufforderung gegenüber A, einen Rückbau zu veranlassen ohne Erfolg blieb, beauftragte S den N damit. Als A in die Straße einfuhr sah sie N bei der Arbeit. In dem Moment, als N zur Seite trat, um A die Durchfahrt zu ermöglichen, entschloss sich A aus Wut über den Rückbau, N anzufahren. Sie steuerte ihr Kfz zielgerichtet auf N zu und nahm dabei billigend in Kauf, dass seine Verletzungen tödlich sein könnten. Als N erkannte, dass A das Kfz auf ihn lenkte, wich er einen Schritt nach rechts aus. A wollte ihr Ziel jedoch weiterverfolgen, fuhr erneut auf N zu und nahm ihn auf der Motorhaube mit. A fuhr einen Abhang hinunter, wodurch N von der Motorhaube fiel und unter das Kfz gelangte. Nun schob das Kfz N vor sich her, bis dessen Körper das Fahrzeug zum Stillstand brachte, ohne dass A die Bremse betätigt hatte. A wusste nicht, ob N verstorben oder tödlich verletzt war. Als das Kfz schließlich durch den Sohn der A nach hinten gefahren wurde, erkannte der ebenfalls am Rückbau beteiligte M die erheblichen Verletzungen des N und wählte den Notruf. Durch einen glücklichen Zufall war N nicht tödlich verletzt. Auch A rief, nachdem Sie ins Haus gegangen war, die Notrufzentrale an, obwohl Sie wusste, dass M bereits den Notarzt verständigt hatte. Während A im Haus war, traf der Rettungswagen ein. Das LG verurteilte A wegen versuchten Mordes (Heimtücke und sonstige niedrige Beweggründe) in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung.
Aus den Gründen:
Der BGH wies die Revision der A als unbegründet zurück. Der Erörterung bedarf allein die Frage eines strafbefreienden Rücktritts. Das LG ist von einem beendeten Versuch ausgegangen und hat einen strafbefreienden Rücktritt der A mangels ernsthaften Bemühens um die Erfolgsabwendung verneint.
Nach Ansicht des BGH hält dies rechtlicher Prüfung stand: „Nach ständiger Rechtsprechung (…) kommt es für die Abgrenzung des unbeendeten vom beendeten Versuch und damit für die Voraussetzungen des strafbefreienden Rücktritts darauf an, ob der Täter nach der letzten von ihm konkret vorgenommen Ausführungshandlung den Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolgs für möglich hält (…). Macht der Täter sich nach der letzten Ausführungshandlung keine Vorstellungen über die Folgen seines Tuns oder ist ihm der Erfolg gleichgültig, ist ein beendeter Versuch anzunehmen.“ (Rn.13). A „hatte bemerkt, dass [N] von der Motorhaube gerutscht und über eine Strecke von mehreren Metern unter ihr (…) Fahrzeug geraten war. Ob [N] verstorben oder jedenfalls tödlich verletzt war, war ihr in diesem Moment gleichgültig.“ (Rn. 14)
„Bleibt – wie hier – der Erfolg ohne Zutun des Täters aus, kommt ein strafbefreiender Rücktritt nur in Betracht, wenn der Täter sich freiwillig und ernsthaft bemüht hat, die Vollendung zu verhindern (§ 24 I 2 StGB). Danach ist für einen strafbefreienden Rücktritt vom Versuch erforderlich, dass der Täter das Rettungsmittel einsetzt, das er selbst für am besten geeignet hält, um die Tatvollendung zu verhindern (…). Er muss nach seiner Vorstellung eine neue Kausalkette in Gang setzen, die für die Nichtvollendung zumindest mitursächlich wird (…). Stehen Menschenleben auf dem Spiel, sind hohe Anforderungen zu stellen.“ (Rn. 17)
Nach diesen Maßstäben lag kein Rücktritt durch A vor: „Obwohl nach der Vorstellung der [A] ein Menschenleben auf dem Spiel stand, hat sie nicht die bestmögliche Rettungsmöglichkeit ergriffen. Denn dies wäre jedenfalls ein ihr möglicher zeitnaher Notruf gewesen, wie ihn M getätigt hat (…). [A] hat ihre Bemühungen jedoch auf einen nachträglichen und nochmaligen Anruf bei der Notrufzentale beschränkt, ohne ihrerseits nach [N] zu sehen (…). Stattdessen ist sie bis zum Eintreffen des Notarztes im Haus verblieben.“ (Rn. 19) „Der Notruf der [A] setzte nach ihrem Vorstellungsbild auch keine neue Kausalkette (…) in Gang. Denn sie wusste, dass M bereits die Notrufzentrale verständigt hatte.“ (Rn. 20)