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BGH, Beschl. v. 20.09.2016 – 3 StR 174/16: Zur fortwirkenden Gewalt­anwendung bei räuberischer Erpressung

Sachverhalt:

Die Angekl. S und N hielten sich mit V, Sch., B und G auf dem Schrebergartengrundstück des V auf. Als Reaktion auf eine verbale Auseinandersetzung zwischen V und G, schlug N den V mehrfach mit der flachen Hand ins Gesicht. S schlug Sch. in gleicher Weise. Danach schlug N den Sch. und S den V. Anschließend bedrängten N und S die beiden Geschädigten, nicht die Polizei einzuschalten. N drohte damit, dass „man ihnen ihre Beine abschneiden würde“. S hatte einen Schraubendreher und einen Rechen an sich genommen, hielt V und Sch. die Gegenstände vor das Gesicht und drohte ihnen, dass „man die beiden auch an Ort und Stelle 'wegmachen' könne“. Als V und Sch. zu einem Wasserhahn gingen, um sich das Blut abzuwaschen, versuchte S vergeblich, Sch. noch einmal zu schlagen. N versetzte Sch. daraufhin einen kräftigen Tritt gegen das Bein. S entschloss sich sodann, V „um sein Geld zu erleichtern“. Auf die Aufforderung, ihm sein Geld auszuhändigen, gab ihm V „unter dem Eindruck der zuvor geäußerten Drohungen und Schläge“ insgesamt 100 €. Das LG hat u.a. S wegen räuberischer Erpressung und N wegen Beihilfe dazu verurteilt.

Aus den Gründen:
Die Verurteilung des S wegen räuberischer Erpressung hält der rechtlichen Über­prüfung des BGH nicht stand: „Die räuberische Erpressung (§§ 253, 255 StGB) erfordert ebenso wie der Raub (§ 249 StGB) einen finalen Zusammenhang zwischen dem Nötigungs­mittel und der von dem Opfer vorzunehmenden vermögensschädigenden Handlung. Eine konkludente Drohung genügt; sie kann sich grundsätzlich auch daraus ergeben, dass der Täter dem Opfer durch sein Verhalten zu verstehen gibt, er werde zuvor zu anderen Zwecken angewendete Gewalt nunmehr zur Erzwingung der jetzt erstrebten vermögensschädigenden Handlung des Opfers bzw. dessen Duldung der beabsichtigten Wegnahme fortsetzen oder wiederholen. Das bloße Ausnutzen der Angst des Opfers vor erneuter Gewalt­anwendung enthält dagegen für sich genommen noch keine Drohung. Erforderlich hierfür ist vielmehr, dass der Täter die Gefahr für Leib oder Leben deutlich in Aussicht stellt, sie also durch ein bestimmtes Verhalten genügend erkennbar macht. Es reicht nicht aus, wenn das Opfer nur erwartet, der Täter werde es an Leib oder Leben schädigen.“ (Rn. 9)

„Hier hat (…) S den Urteilsgründen zufolge indes lediglich die Furcht des (…) V vor weiteren Schlägen ausgenutzt, ohne ihm zumindest konkludent mit erneuter Gewalt­anwendung zu drohen.“ (Rn. 10)

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