Sachverhalt (Rz. 1–2)
Der Angeklagte begab sich mit der Mitangeklagten zu der Wohnung von deren Mutter. Dort kam es zu einem Streit der Mitangeklagten mit ihrer Mutter über den Verbleib eines vermeintlichen Sparbuches des Sohnes der Mitangeklagten, in dessen Verlauf die Mitangeklagte ihrer Mutter mehrfach mit der Hand ins Gesicht schlug. Auch der Angeklagte forderte die Geschädigte auf, das Sparbuch herauszugeben. Er zog eine täuschend echt aussehende, massiv metallene Pistole und schlug der Geschädigten damit auf den Kopf, um sie dadurch zur Preisgabe des Sparbuchs zu bewegen, das er entwenden wollte. Die Geschädigte fiel zu Boden. Die Mitangeklagte trat mit dem Fuß gegen den Hüftbereich der auf dem Boden liegenden Geschädigten. Währenddessen riss der Angeklagte das Kabel des Festnetztelefons heraus, um zu verhindern, dass die Geschädigte Hilfe verständigen konnte. Als diese weiterhin die Existenz des Sparbuchs verneinte, durchsuchte der Angeklagte die Wohnzimmerschränke. „Spätestens“ jetzt entschloss er sich, neben dem Sparbuch sämtliche stehlenswerte Gegenstände zu entwenden, die er finden würde. Er packte Zinngeschirr und eine Geldkassette mit mindestens 7.000 Euro in bar in eine Tasche, um diese Gegenstände für sich zu behalten. Ein Sparbuch fand der Angeklagte nicht. Die beiden Angeklagten verließen sodann die Wohnung der Geschädigten.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat Erfolg. Die Aufhebung wegen des Rechtsfehlers bei Prüfung des Raubtatbestandes erfasst auch die an sich nicht zu beanstandende Verurteilung wegen tateinheitlich begangener gefährlicher Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 4 StGB.
Aus den Gründen (Rz. 4–9)
Die Feststellungen tragen die Verurteilung wegen besonders schweren Raubes gemäß § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB nicht, weil sich ihnen eine finale Verknüpfung zwischen dem eingesetzten Nötigungsmittel und der tatsächlich erfolgten Wegnahme nicht entnehmen lässt.
Nach ständiger Rechtsprechung muss zwischen der Drohung mit oder dem Einsatz von Gewalt und der Wegnahme beim Raub eine finale Verknüpfung bestehen; Gewalt oder Drohung müssen das Mittel zur Ermöglichung der Wegnahme sein. An einer solchen Verknüpfung fehlt es, wenn eine Nötigungshandlung nicht zum Zwecke der Wegnahme vorgenommen wird, sondern der Täter den Entschluss zur Wegnahme erst nach Abschluss dieser Handlung. Ein vollendeter Raub liegt daher nicht vor, wenn der Täter einen bestimmten Gegenstand erbeuten will und es im weiteren Verlauf zur Wegnahme einer ganz anderen Sache kommt. Ob der Wegnahmevorsatz derselbe bleibt, wenn er sich im Rahmen einer einheitlichen Tat hinsichtlich des Tatgegenstands verengt, erweitert oder sonst ändert, ist danach zu beurteilen, ob es sich um eine unwesentliche Abweichung vom Tatplan handelt, die sich innerhalb der Grenzen des nach allgemeiner Lebenserfahrung und aus Tätersicht Voraussehbaren.
Daran gemessen fehlt es an dem erforderlichen finalen Zusammenhang zwischen den der Geschädigten versetzten Schlägen und der späteren Wegnahme von Zinngegenständen und Bargeld. Nach den Feststellungen fasste der Angeklagte den Entschluss, auch andere Gegenstände als das Sparbuch zu entwenden, erst, als er bereits aufgehört hatte, auf die Geschädigte mit der Pistole einzuschlagen. Die Wegnahmeabsicht des Angeklagten während der Gewaltanwendung bezog sich noch allein auf das Sparbuch. Eine bereits zum Zeitpunkt der Gewaltanwendung bestehende umfassende Wegnahmeabsicht, die auch die später tatsächlich entwendeten Gegenstände einschloss, lässt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen. Bei der späteren Erweiterung der Wegnahmeabsicht auf andere Gegenstände als das Sparbuch handelte es sich vielmehr um eine erhebliche Abweichung vom ursprünglichen Tatplan, denn bei einer beabsichtigten Wegnahme eines bestimmten Sparbuchs gehört das Entwenden von Hausrat und Bargeld nicht mehr zu dem erwartbaren Geschehensverlauf.
Den Urteilsfeststellungen lässt sich auch nicht entnehmen, dass die zuvor ausgeübte Gewalt als aktuelle Drohung des Angeklagten mit erneuter Gewaltanwendung fortwirkte. Als Raubmittel kommt auch die konkludente Drohung mit einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben, nämlich der Fortführung der Gewalt, in Betracht. Dafür genügt jedoch weder allein der Umstand, dass die Wirkungen eines ohne Wegnahmevorsatz eingesetzten Nötigungsmittels noch andauern und der Täter dies ausnutzt, noch das bloße Ausnutzen der durch die vorangegangene Gewaltanwendung entstandenen Angst eines der Einwirkung des Täters schutzlos ausgelieferten Opfers. Vielmehr muss sich den Gesamtumständen einschließlich der zuvor verübten Gewalt die aktuelle Drohung erneuter Gewaltanwendung entnehmen lassen, der Täter also in irgendeiner Form schlüssig erklärt haben, er werde einen eventuell geleisteten Widerstand mit Gewalt gegen Leib oder Leben brechen. Eine solche konkludente Drohung durch den Angeklagten ist den Urteilsgründen nicht zu entnehmen. Unter den hier gegebenen Umständen versteht es sich auch nicht von selbst, dass die bereits widerstandsunfähig am Boden liegende und von Hilfe durch Dritte abgeschnittene Geschädigte gleichwohl erneute Gewalt befürchtete, der Angeklagte dies erkannte und bewusst zum Zweck der Wegnahme ausnutzte.
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