Sachverhalt:
Am 21.06.2022 beteiligte sich die Angeklagte auf der Autobahnabfahrt der BAB100,
Fahrtrichtung Süd, in 1... B1. an einer Straßenblockade der Gruppierung „Aufstand der letzten Generation“, bei der sie und weitere Personen sich aufgrund eines zuvor gefassten gemeinsamen Tatplans auf die Fahrbahn dieser Straße setzten. Dabei befestigte sie sich mittels Klebstoffs auf der Straße, sodass die Polizeivollzugsbeamten sie erst nach Lösung des Klebstoffs von der Straße tragen konnten.
Am 25.08.2022 beteiligte sich die Angeklagte in der Gemäldegalerie am M.platz in 1... B1. gemeinsam mit der gesondert Verfolgten Eichler an einer weiteren Aktion der Gruppierung „Aufstand der letzten Generation“, indem sie sich gemeinsam mit der gesondert Verfolgten mittels Klebstoffs an den historischen aussehenden geschnitzten Holzrahmen mit Goldfassung vor blauem Fond des Gemäldes „Die Ruhe auf der Flucht nach Ägypten“ von Lucas Cranach d.Ä. befestigte. Für die Restaurierung des Rahmens wurden 2.385,40 Euro in Ansatz gebracht.
Aus den Gründen (Rz. 1–58):
Der Angeklagten wurde schon einmal von dem hiesigen Gericht wegen Blockladeaktionen verurteilt. (Rz. 8)
Sie führte aus, sie sei sich der Konsequenzen ihres Handelns bewusst, werde sich weiter einsetzen und die Strafe sei ihr persönlich egal. (Rz. 9)
Die Zeugin POM`in B hat dreimal den Personen einen Ersatzversammlungsort auf dem Gehweg zugewiesen unter Zwangsandrohung. Es ist zu einem erheblichen Stau bis auf die BAB100 gekommen. Es hat ca. eine Stunde gedauert, bis die technische Einheit gekommen sei und die Personen abgelöst worden seien. (Rz. 10)
Der Zeuge K. hat bekundet, Restauratorinnen hätten die Frauen abgelöst, um weitergehende Schäden zu vermeiden. Auf dem Rahmen hätte sich anschließend Kleber befunden, der Kleber sei auch in das Holz eingedrungen und es sei die Lackierung beschädigt worden. An dem Gemälde selbst sei kein Schaden entstanden. Um einen vergleichbaren Rahmen zu beschaffen müssten ca. 10.000,00 bis 20.000,00 € aufgewandt werden. Der Gesamtaufwand der Restaurierung habe sich auf 2.385,40 € belaufen. (Rz. 12)
Strafrechtlich ist das Verhalten der Angeklagten hinsichtlich der durchgeführten Sitzblockade, Tat zu Ziffer 1, als versuchte gemeinschaftlich begangene Nötigung nach §§ 240, 22, 23, 25 Abs. 2 StGB sowie hinsichtlich des sich Festklebens als Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte nach § 113 StGB zu bewerten. (Rz. 14)
Das erhebliches Gefährdungspotential ist zu berücksichtigen.
Die Blockade der Fahrbahn führt zu einem erhöhten Unfallrisiko. Etwaige Rettungsfahrzeuge, können im Fortkommen gehindert werden. (Rz. 21)
Art. 8 GG beinhaltet aber kein Durchsetzungs- oder gar Erzwingungsrecht. Im Übrigen hätte es den Aktivisten, und damit auch der Angeklagten als Teil von diesen, frei gestanden, unter Einhaltung der Voraussetzungen des Versammlungsrechts legal ihr Ansinnen vorzutragen. (Rz. 23)
Des Weiteren liegt rechtlich zugleich ein Verstoß gegen § 113 StGB vor, nämlich ein Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. (Rz. 24)
Hinsichtlich des Festklebens an dem Rahmen des Gemäldes, Tat zu Ziffer 2., liegt eine gemeinschaftlich begangene gemeinschädliche Sachbeschädigung nach §§ 304 Abs. 1, 25 Abs. 2 StGB vor. Bei dem Rahmen des Gemäldes handelt es sich um einen Gegenstand der Kunst. Die Beschädigung erfolgte durch das Aufbringen des Klebstoffs, dessen Rückstände eine Restaurierung erforderlich machten. (Rz. 26)
Ein Recht, im Rahmen von Verkehrsbehinderungen durch Sitzblockaden und Instrumentalisierung Dritter öffentliche Aufmerksamkeit zu erzwingen, besteht nicht (BGH NStZ 1988 a.a.O.), bzw. durch mutwillige Zerstörung. Die Ausführungen der Angeklagten hinsichtlich der Motivation zu den ihr vorgeworfenen Taten vermögen damit keinen rechtfertigenden Notstand gemäß § 34 StGB zu begründen (vgl. insoweit auch LG Berlin, Beschluss vom 21.11.2022, 534 Qs 80/
Schuldausschließungsgründe sind ebenfalls nicht ersichtlich. (Rz. 32)
Unter Abwägung dieser Umstände hat das Gericht tat- und schuldangemessen hinsichtlich
Zwar ist nach § 47 StGB eine kurze Freiheitsstrafe unter 6 Monaten nur im Ausnahmefall zu verhängen. (Rz. 49)
Die Angeklagte hat bekundet, sich weiter an ähnlichen Aktionen beteiligen zu wollen, so dass der Angeklagten nunmehr deutlich vor Augen zu führen ist, dass ihr Verhalten strafrechtliche Sanktionen nach sich zieht, was mit Geldstrafen nach hiesiger Auffassung nicht eindringlich genug geschieht, sondern die Verhängung von Freiheitsstrafen geboten ist. (Rz. 51)
Daneben sind auch generalpräventive Aspekte zu berücksichtigen. Bezüglich Aktionen von Mitgliedern der „Letzten Generation“ wurde bei Verurteilungen i.d.R. Geldstrafen verhängt. Dennoch gehen die Aktionen weiter, werden sogar noch verschärft. Aus Gründen der positiven Generalprävention zum Schutz der Rechtsordnung und aus Gründen der negativen Generalprävention muss zum Schutz der Rechtsgüter durch Abschreckung reagiert werden. (Rz. 52)