LG Stuttgart, Beschl. v. 25.11.2024 – 14 KLs 203 Js 33864/ 23 jug.: Ablehnungsgesuch gegen einen Schöffen wegen der Nutzung von WhatsApp
Leitsatz:
Die private Nutzung von WhatsApp während der Hauptverhandlung beeinträchtigt die Aufmerksamkeit und gibt daher Anlass zur Sorge, der Schöffe habe sich bereits auf ein bestimmtes Ergebnis festgelegt und nicht das notwendige uneingeschränkte Interesse am Verhandlungsinhalt, §§ 24 Abs. 2, 31 StPO.
Sachverhalt:
Während der Hauptverhandlung am 18.11.2024 hielt ein Schöffe während der Vernehmung einer Zeugin sein Mobiltelefon in der Hand und führte eine wischende Bewegung aus. In seiner dienstlichen Stellungnahme gab er an, dass er den Bildschirm aktiviert, die App WhatsApp geöffnet und eine eingehende Nachricht gelesen habe. Er habe jedoch nicht geantwortet und die App anschließend wieder geschlossen.
Daraufhin stellten alle Angeklagten einen Befangenheitsantrag gegen den Schöffen. Sie begründeten diesen mit Zweifeln an der Unparteilichkeit des Schöffen begründet.
Aus den Gründen:
“Das Vorliegen eines Ablehnungsgrundes im Sinne des § 24 Abs. 2 StPO ist grundsätzlich aus der Sicht des Angeklagten zu beurteilten. Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters ist dann gerechtfertigt, wenn der Ablehnende bei verständiger Würdigung des ihm bekannten Sachverhalts Grund zu der Annahme hat, der Richter nehme ihm gegenüber eine Haltung ein, die dessen Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann. Gleiches gilt gemäß § 31 StPO für den Schöffen.”
“Durch die private Nutzung seines Mobiltelefons während laufender Hauptverhandlung hat der Schöffe auch aus der Sicht eines besonnenen Angeklagten begründeten Anlass gegeben zu der Besorgnis, der Schöffe habe sich mangels uneingeschränkter Aufmerksamkeit auf die dem Kernbereich richterlicher Tätigkeit unterfallender Beweisaufnahme bereits auf ein bestimmtes Ergebnis festgelegt.” Die gezielte Ablenkung mit einer privaten Tätigkeit beeinträchtigte seine Fähigkeit, der Verhandlung mit voller Aufmerksamkeit zu folgen. Dass er bereit war, private Telekommunikation über die ihm obliegende Pflicht als Schöffe zu stellen, gibt Anlass zu der Besorgnis, dass der Schöffe nicht das notwendige uneingeschränkte Interesse am Verhandlungsinhalt hatte.
Da die Kammerdurch das Ausscheiden nicht mehr ordnungsgemäß besetzt ist, ist das Verfahren auszusetzen.
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