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BGH, Beschl. v. 04.06.2025 – 4 StR 184/25: Zur Verjährung

Leitsatz 

  1. Eine verjährte tateinheitlich verwirklichte Gesetzesverletzung darf strafschärfend berücksichtigt werden.  
  2. Lässt sich den Urteilsfeststellungen das entsprechende Vorstellungs­bild des Angeklagten, das zur revisionsrechtlichen Prüfung des Vorliegens eines freiwilligen Rücktritts vom Versuch unerlässlich ist, nicht hinreichend entnehmen, stellt dies regelmäßig einen durchgreifenden sachlich-rechtlichen Mangel dar. 

Sachverhalt (Rn. 3, 7) 

Der Angeklagte drang zusammen mit einem Mittäter  am 02.06.2018 in die Wohnung der Geschädigten ein, indem er die Tür eintrat und dabei beschädigte (Fall 1). 

In einem zweiten Fall begab sich der Angeklagte mit dem Zeugen H zu der Wohnung des Geschädigten, um eine noch offene Geldforderung des H einzutreiben. Nachdem sie sich unter einem Vorwand Zugang zu der Wohnung verschafft hatten, forderte der Angeklagte von der Geschädigten und ihrem gleich­falls anwesenden Freund lautstark die Zahlung des noch ausstehenden „Drogengelds“. Als die Geschädigte und ihr Freund beteuerten, dass sie kein Geld in der Wohnung hätten, „drohte der Angeklagte ihnen konkludent mit körperlicher Gewalt“, indem er ankündigte, wenn sie das Geld nicht am Folgetag bezahlten, noch an diesem Tag mit „fünf Libanesen“ zurückzukommen. Die verängstigten Geschädigten nahmen die Drohung ernst und boten dem Angeklagten statt des Geldes eine Cannabispflanze an, die dieser jedoch zurückwies. Der Angeklagte und H verließen die Wohnung ohne Geld, das auch am Folgetag nicht bezahlt wurde. 

Aus den Gründen 

Fall 1 wurde vom LG als Hausfriedensbruch bewertet. „Dabei hat es übersehen, dass in Bezug auf den Hausfriedensbruch (§ 123 StGB) bereits Verfolgungs­verjährung eingetreten war. Denn die für Vergehen nach § 123 Abs. 1 StGB geltende Verjährungs­frist beträgt aufgrund der Strafdrohung von Geldstrafe oder Freiheits­strafe bis zu einem Jahr nach § 78 Abs. 3 Nr. 5 StGB lediglich drei Jahre. Diese gemäß § 78a Satz 1 StGB am Tattag angelaufene Frist wurde zwar am 15. Januar 2021 durch die staats­anwaltschaft­liche Anordnung der Vernehmung des Beschuldigten gemäß § 78c Abs. 1 Nr. 1 StGB unter­brochen, ist dann aber nach ihrem erneuten Beginn (§ 78c Abs. 3 Satz 1 StGB) ohne weitere Unter­brechung am 15. Januar 2024 abgelaufen. […] Der Umstand, dass die tateinheitlich begangene Sachbeschädigung noch nicht verjährt ist, führt nicht zu einem anderen Ergebnis, denn die Verjährungs­prüfung ist bei tateinheitlichem Zusammentreffen mehrerer Tatbestände gesondert vorzunehmen.“ (Rn. 3) Die verjährte tateinheitlich verwirklichte Gesetzesverletzung  (der Hausfriedensbruch) darf jedoch strafschärfend berücksichtigt werden. (Rn. 4) 

Die Verurteilung wegen versuchter räuberischer Erpressung gem. §§ 253 Abs. 1, 255, 249 Abs. 1, 22, 23 Abs. 1 StGB im Fall 2 kann nicht bestehen bleiben. (Rn. 6) Das LG unter­ließ rechts­fehlerhaft, die Frage eines freiwilligen Rücktritts zu erörtern. „Lässt sich den Urteilsfeststellungen das entsprechende Vorstellungs­bild des Angeklagten, das zur revisionsrechtlichen Prüfung des Vorliegens eines freiwilligen Rücktritts vom Versuch unerlässlich ist, nicht hinreichend entnehmen, stellt dies regelmäßig einen durchgreifenden sachlich-rechtlichen Mangel dar. […] [Es] bleibt offen, ob nach der Vorstellung des Angeklagten und seines Begleiters ein weiteres Einwirken auf das Tatopfer nötig gewesen wäre, um ihrer Forderung zum Erfolg zu verhelfen, sie aber trotz bestehender Möglichkeiten von weiteren Gewalthandlungen oder Einschüchterungen Abstand nahmen.“ (Rn. 8) 

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