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BGH, Urt. v. 04.06.2024 – 5 StR 37/24: Zum Kenntnishorizont des Täters beim Rücktritt vom Versuch

Sachverhalt (Rn. 3–5) 

B klopfte an der Tür der Unter­kunft des A und beleidigte ihn, dabei hielt er offen sichtbar ein Küchenmesser mit einer Klingenlänge von ca. 10,5 cm in der Hand. A erwartete einen Angriff und nahm B das Messer ab, wobei er in die Klinge griff und sich verletzte. Sodann fügte er dem B mit dem Messer vorsätzlich mehrere Stichverletzungen am Kopf zu. Er setze die Stiche fort, obwohl B die Hände zum Schutz gehoben hatte, dabei äußerte der A mehrfach: „Ich bringe dich um.“ A war bewusst, dass B unbewaffnet war und von ihm keine Gefahr mehr ausging. B gelang es trotz seiner Verletzungen A auf Abstand zu halten; es kamen schließlich Personen hinzu, die A und B trennten. A erkannte, dass er durch die Stiche den Tod des B noch nicht herbeigeführt hatte und entfernte sich mit dem Messer in der Hand.  

Aus den Gründen 

Das Landgericht hat einen unbeendeten Versuch des Totschlags angenommen, von dem der Angeklagte strafbefreiend zurückgetreten sei. Dies hält rechtlicher Nach­prüfung nicht stand. (Rn. 7, 9)  

Die Abgrenzung zwischen einem unbeendeten und beendeten Versuch bestimmt sich nach dem Vorstellungs­bild des Täters nach Abschluss der letzten von ihm vorgenommenen Ausführungs­handlung, dem sogenannten Rücktrittshorizont. Wenn der Täter bei einem Tötungs­delikt den Eintritt des Todes bereits für möglich hält oder sich keine Vorstellung über die Folgen seines Tuns macht, liegt ein beendeter Versuch vor […]. Rechnet der Täter zu diesem Zeitpunkt noch nicht mit dem Eintritt des Erfolges, hält er die Vollendung jedoch weiterhin für möglich, liegt ein unbeendeter Versuch vor […]. (Rn. 10) 

Vorliegend sind die Feststellungen zum Rücktrittshorizont defizitär. (Rn. 11) Insbesondere wurde nicht festgestellt, ob der Angeklagte den Eintritt des Todes für möglich gehalten hat oder der Angeklagte eine Fortsetzung der Tat im maßgeblichen Zeitpunkt für möglich hielt; es fehlen Ausführungen zum subjektiven Vorstellungs­bild des Angeklagten. (Rn. 12 ff.) 

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