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BGH, Urt. v. 27.11.2024 – 6 StR 210/24: Zur Abgrenzung von Mittäterschaft und Beihilfe

Sachverhalt (Rn. 2–4) 

Der Angeklagte gehörte einer Gruppe von Personen an, die über das Internet, insbesondere Partner­schafts­portalen, anderen Personen unter Vorgabe falscher Identitäten Liebesbeziehungen vortäuschten und sie schließlich unter Vorspiegelung unwahrer Sachverhalte zu Geldzahlungen veranlassten. Die Opfer gingen täuschungs­bedingt davon aus, dass es sich um Darlehen handele, die ihnen alsbald zurückgezahlt würden, und überwiesen die Beträge auf ein ihnen genanntes Bankkonto. Innerhalb der Gruppierung übernahm der Angeklagte die Aufgabe, die Identitäten der Hintermänner in Ghana zu verschleiern und die Beute zu sichern, indem er sog. Finanz­agenten aquirierte, die unter falschen Identitäten Empfängerkonten eröffneten und der Gruppierung zur Verfügung stellten. Hierfür erhielt der Angeklagte auch eine Provision in Höhe von ca. 10 % der eingegangenen Geldbeträge.  

Aus den Gründen 

Die Beteiligung des Angeklagten ist als Mittäterschaft und nicht als Beihilfe anzusehen. (Rn. 5) 

Mittäterschaft­lich handelt, „wer seinen eigenen Tatbeitrag so in die Tat einfügt, dass er als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Handeln als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheint. Mittäterschaft erfordert dabei zwar nicht zwingend eine Mit­wirkung am Kerngeschehen selbst; ausreichen kann auch ein die Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag, der sich auf eine Vorbereitungs- oder Unter­stützungs­handlung beschränkt. Stets muss sich diese Mit­wirkung aber nach der Willensrichtung des sich Beteiligenden als Teil der Tätigkeit aller darstellen. Erschöpft sie sich demgegenüber nach seinem Willen in einer bloßen Förderung fremden Handelns, so fällt ihm lediglich Beihilfe zur Last.“ (st. Rspr.) Ausschlaggebend ist eine wertende Gesamtbetrachtung, wobei maßgebliche Kriterien der Grad des eigenen Interesses an der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Betreffenden abhängen. Stets muss sich die Mit­wirkung nach der Willensrichtung des sich Beteiligenden als Teil der Tätigkeit aller darstellen. (Rn. 9 f.) 

„Die festgestellten und trag­fähig belegten Tatbeiträge erschöpften sich nicht in unter­geordneten Tätigkeiten, sondern fügten sich dem gemeinsamen Tatplan entsprechend so in die Taten ein, dass sie als Teil der Handlung anderer Beteiligter und umgekehrt deren Handeln als Ergänzung seiner eigenen Tatanteile erscheinen. Der Angeklagte war maßgeblich in die Vorbereitung und in die Abwicklung der Betrugstaten eingebunden. […] Dem steht nicht entgegen, dass sich sein nicht genau fest stellbarer Anteil an der Beute möglicherweise „nur“ auf etwa zehn Prozent belief und damit ungefähr der Entlohnung der sogenannten Finanz­agenten für die Zurverfügungs­tellung der von ihnen eröffneten Bankkonten entsprach. Das Ausmaß seiner Tatbeteiligung ging dessen ungeachtet über den Tatbeitrag der „Finanz­agenten“ deutlich hinaus.“ (Rn. 12) 

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