DE / EN

BGH, Beschl. 12.11.2024 – 3 StR 301/24: Wegnahme und Gewahrsamsbruch beim unberechtigten Ergreifen von Geldscheinen aus dem Ausgabefach eines Geldautomaten

Sachverhalt (Rn. 3) 

Der Angekl. schlug den physisch deutlich unter­legenen Geschädigten mit Fäusten und forderte grundlos „200 bis 300 €“ von ihm. Weil dieser kein Bargeld mit sich führte, zwang der Angekl. ihn unter Androhung weiterer Gewalt, zu einem Geldautomaten zu gehen. Dort musste der Geschädigte seine Karte nebst PIN eingeben. Der Angekl. stand schräg hinter ihm und drückte auf den am Bildschirm angezeigten höchsten verfügbaren Auszahlungs­betrag. Der Automat gab davon mangels weiterer Kontodeckung 140 € aus, die der Angeklagte unter Aufrechterhaltung der Drohkulisse einsteckte. 

Aus den Gründen 

Dieses Geschehen stellt einen Raub in Tateinheit mit Körperverletzung dar. Denn wer unberechtigt Geldscheine ergreift und einsteckt, die im Ausgabefach eines Geldautomaten bereitliegen, nachdem der Berechtigte zuvor Bankkarte und PIN eingegeben hat, bricht den Gewahrsam des Geldinstituts an den Geldscheinen und nimmt fremde Sachen weg. (Rn. 4) 

Zum Gewahrsam der Bank: Der Täter, der trickreich die Aufmerksamkeit des Bankkunden ablenkt und so an das im Ausgabefach des Automaten bereitliegende Geld gelangt, bricht (auch) dessen Gewahrsam. (Rn. 5) Der Täter bricht den Gewahrsam an einer dem Zugriff Dritter preisgegebenen Sache, wenn sich aus den Umständen ergibt, dass der bisherige Gewahrsamsinhaber die Wegnahme nur bestimmten Personen gestatten will, der Täter aber nicht zu diesem Personenkreis gehört. […] Der Wille des Geldinstituts auf die Über­tragung des Gewahrsams ist erkennbar nicht an jedermann gerichtet, sondern auf die Person beschränkt, die sich mittels Karte und PIN legitimiert hat. (Rn. 6) 

Zum Gewahrsam des Geschädigten: Zusätzlich brach der Angeklagte den Gewahrsam des Geschädigten. Dieser stand, nachdem er den Zahlungs­vorgang mittels seiner Bankkarte und PIN in Gang gesetzt hatte, weiterhin direkt vor dem Automaten mit dem Angeklagten im Rücken. Schon durch die unmittelbare körperliche Nähe konnte er ohne Weiteres auf die ausgeworfenen Geldscheine einwirken und hatte damit die tatsächliche Sachherrschaft. Das wollte er an sich auch. Denn wer mit der eigenen Karte und PIN Geld „zieht“, und sei es als Nötigungs­opfer, hat in der Regel einen Herrschafts­willen über den Inhalt des Ausgabefachs. Nach den Regeln der sozialen Anschauung ist dieser ihm zuzuordnen, es ist „sein“ Geld. In diese tatsächliche von einem natürlichen Willen getragene Sachherrschaft des Geschädigten brach der Angeklagte ein. (Rn. 9) 

Zum Volltext