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BGH, Urt. v. 31.07.2024 – 2 StR 44/24: Zur gemeinschaft­lich begangenen Körperverletzung, § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB

Sachverhalt (Rn. 5–8)

Der Angeklagte, sowie die beiden gesondert Verfolgten L. und D. fasste den Entschluss, gemeinsam einen Werttrans­porter mit Schusswaffen zu überfallen, wobei notfalls auch physische Gewalt eingesetzt werden sollte.
Als die beiden Fahrer M. und O. die Pakete mit Schmuckstücken und Luxusuhren aus dem Werttrans­porter in ein Lager umluden, liefen die mit Sturmmasken maskierten L. und D. mit geladener Handfeuerwaffe tatplangemäß auf den Trans­porter zu. D richtete die mitgeführte Pistole aus einer Distanz von etwa 50 cm auf den Kopf des O und befahl ihm, in den Trans­porter zu steigen. Dieser kam der Aufforderung nach. Zwischenzeitlich war der L. zu dem zweiten Fahrer, M., geeilt. Als dieser sah, dass sein Kollege überfallen wurde, und seine Über­raschung darüber äußerte, versetzte L. ihm einen Kinnhaken, um jegliche Gegenwehr zu verhindern. M. stürzte gegen die Fahrzeugsäule und ging bewusstlos zu Boden. Mit dieser Gewalt­anwendung waren D. und der Angeklagte einverstanden.
Der Angeklagte, der das Geschehen beobachtet hatte und nur auf die Über­wältigung der Fahrer gewartet hatte, fuhr nun rückwärts an den Werttrans­porter heran. Nach einem Umladen der Wertsachen in das Fluchtfahrzeug flüchteten der Angeklagte, L. und D. vom Tatort.

Aus den Gründen

Die Strafkammer hat sich an der Verurteilung gem. § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB daran gehindert gesehen, dass die Körperverletzung zum Nachteil des M. nicht gemeinschaft­lich begangen worden sei. (Rn. 9)

Dies begegnet keinen rechtlichen Bedenken. (Rn. 13)

Einer gefährlichen Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB macht sich schuldig, wer die Körperverletzung mit einem anderen Beteiligten gemeinschaft­lich begeht. Die Qualifikation setzt eine Beteiligung voraus, durch die sich die Gefährlichkeit der konkreten Tatsituation für das Opfer erhöht. Für die Verwirklichung des Qualifikations­merkmals wird Eigenhändigkeit nicht vorausgesetzt; ausreichend ist vielmehr, wenn ein am Tatort anwesender weiterer Beteiligter die Körperverletzungs­handlung des Täters – physisch oder psychisch – bewusst in einer Weise verstärkt, welche die Lage des Verletzten zu verschlechtern geeignet ist. Dies ist der Fall, wenn das Opfer durch die Präsenz mehrerer Personen auf der Verletzerseite insbesondere auch wegen des erwarteten Eingreifens des oder der anderen Beteiligten in seinen Chancen beeinträchtigt wird, dem Täter der Körperverletzung Gegenwehr zu leisten, ihm auszuweichen oder zu flüchten. Daran fehlt es, wenn sich mehrere Opfer jeweils nur einem Angreifer ausgesetzt sehen, ohne dass die Positionen ausgetauscht werden. (Rn. 14)

Vorliegend waren die anderen Tatbeteiligten in einiger Entfernung zu L. und M., sodass eine etwaige Unter­stützungs­handlung nicht festgestellt werden konnte. Der Tatbestand des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB setzt zudem eine gemeinschaft­liche Begehungs­weise voraus und lässt nicht genügen, dass eine solche jederzeit möglich gewesen wäre. (Rn. 15 f.)

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