BGH, Beschl. v. 04.03.2025 – 3 StR 551/ 24: Zum unmittelbaren Ansetzen beim besonders schweren Raub
Leitsätze
Ein Versuch liegt vor, wenn der Täter subjektiv die Schwelle zum „jetzt geht es los“ überschreitet und objektiv zur tatbestandsmäßigen Angriffshandlung ansetzt, so dass sein Tun ohne Zwischenakte in die Tatbestandserfüllung übergeht.
Sachverhalt (Rz. 2 – 5)
Die Angeklagten M und E vereinbarten Fahrzeuge im Internet zum Schein anzubieten und damit Autokäufer in eine Falle zu locken, um ihnen mit Gewalt das mitgeführte Bargeld zu entwenden. Hierzu stellten sie unter falschen Personalien Inserate für Fahrzeuge ins Internet und bestellten Interessenten an abgelegene Orte.
E inserierte einen BMW mit angeblichem Motorschaden auf mobile.de für 15.000 €. Ein Kaufinteressent wurde zu einer Adresse bestellt, wo E ihn mit Pfefferspray überwältigen sollte, während M in Sichtweite verborgen war. Als jedoch zwei Männer ohne Anhänger erschienen, brachen die Angeklagten den Tatplan ab, da sie erkannten, ihren Tatplan, aufgrund des Erscheinungsbildes und der Anwesenheit von zwei Gegnern, nicht wie geplant ausführen zu können. E leugnete die Anzeige und M verwies die Männer auf Werkstätten. Gemeinsam fuhren die Angeklagten weg.
Das LG wertete dies als versuchten besonders schweren Raub in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung. M wurde überdies der Verabredung zum Raub für schuldig befunden.
Aus den Gründen (Rz. 6 – 13)
Der BGH hob diese Bewertung auf. Ein unmittelbares Ansetzen i.S.d. § 22 StGB lag nicht zwingend vor:
„Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt (§ 22 StGB). Dafür ist nicht erforderlich, dass der Täter bereits ein Tatbestandsmerkmal verwirklicht. Es genügt, dass er Handlungen vornimmt, die nach seinem Tatplan der Erfüllung eines Tatbestandsmerkmals vorgelagert sind und in die Tatbestandshandlung unmittelbar einmünden, die mithin – aus der Sicht des Täters – das geschützte Rechtsgut in eine konkrete Gefahr bringen. Dementsprechend erstreckt sich das Versuchsstadium auf Handlungen, die im ungestörten Fortgang unmittelbar zur Tatbestandserfüllung führen sollen oder die im unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit ihr stehen. Dies ist der Fall, wenn der Täter subjektiv die Schwelle zum „jetzt geht es los“ überschreitet und objektiv zur tatbestandsmäßigen Angriffshandlung ansetzt, so dass sein Tun ohne Zwischenakte in die Tatbestandserfüllung übergeht.“ (Rz. 8)
Nach den Feststellungen des Landgerichts blieben die zeitlichen und räumlichen Verhältnisse sowie das Vorstellungsbild der Angeklagten letztendlich unklar. (Rz. 9) Das Eintreffen des Opfers am Tatort war ein wesentlicher Zwischenschritt. Es wurde jedoch nicht erläutert, wie weit sich das potenzielle Opfer räumlich angenähert hatte, als der Tatplan verworfen wurde. (Rz. 10)
Auch subjektiv ist unklar, ob E bereits entschlossen war, Gewalt anzuwenden. Er telefonierte noch mit M und überdachte mit ihm verschiedene Optionen und wusste nicht, welcher der beiden Männer der Kaufinteressent war. All dies spricht dafür, dass es noch eines weiteren Willensimpulses bedurfte; unter anderem auch weil er mit dem Telefon in der Hand für einen sofortigen Angriff noch nicht präpariert war. (Rz. 11)
Die Annahme des LG, die Schwelle zum „Jetzt geht’s los“ sei bereits mit der Kontaktaufnahme erreicht gewesen, greift zu kurz, da die Angeklagten den Tatplan bereits verworfen hatten, bevor ein Gespräch mit dem E und seinem Begleiter zustande kam. (Rz. 12)
Hinweis: Die bisherigen Feststellungen tragen allenfalls eine Verabredung zum Raub (§ 30 Abs. 2 StGB), nicht aber den Versuch.