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BGH, Beschl. v. 22.05.2025 – 4 StR 74/25: Zum Beisichführen eines gefährlichen Werkzeugs, § 113 II 2 Alt 2 StGB

Leitsatz 

Ein KfZ ist kein gefährliches Werkzeug iSd § 113 II 2 Alt 2 StGB. 

Sachverhalt (Rn. 2) 

Ein flüchtender Angeklagter wurde von der Polizei durch einen künstlichen Stau auf der rechten Fahrspur hinter einem Lkw gestoppt. Die Polizisten versuchten erfolglos den Angeklagten zum Aussteigen zu bewegen. Der Angeklagte, der sich der Festnahme durch die Polizeibeamten entziehen und fliehen wollte, entschloss sich daraufhin, mit seinem Pkw den Weg „frei zu rammen“. Er fuhr mehrmals gegen den LKW sowie gegen die Polizeifahrzeuge, wodurch Polizeibeamte durch Sprünge über die Mittelleitplanke flüchten mussten. Es kam u. a. zu Sachschäden. 

Aus den Gründen 

„Ein Kraftfahrzeug erfüllt auch nicht die Voraussetzungen eines gefährlichen Werkzeugs im Sinne von § 113 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Alt. 2 StGB [parallel zu § 244 Abs. 1 Nr. 1a) Alt. 2 StGB]. Denn trotz der von ihm ausgehenden erheblichen Bewegungs­energie ist ein Kraftfahrzeug bei objektiver Betrachtung kein Gegenstand, der dazu bestimmt ist, eine Kraft gegen ein anderes Objekt zu entfalten oder zu verstärken. Er unter­scheidet sich dadurch von alltäglichen Werkzeugen wie etwa einem Hammer oder einem Schraubendreher, die schon bei bestimmungs­gemäßer Verwendung diesen Zweck haben und sich ohne weitreichende Veränderung der vorgesehenen Einsatzform (Schlagen, auf einen Punkt konzentrierte Druckausübung etc.) verbotenen Waffen ähnlich gegen Menschen einsetzen lassen. Dass sich unter krasser Pervertierung seines Zwecks als Fortbewegungs­mittel auch ein Kraftfahrzeug dazu missbrauchen lässt, Sachen zu zerstören oder Menschen zu verletzen, ändert daran nichts.“ (Rn. 8) 

Zudem hat sich der Angeklagte eines schweren gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr gem. § 315b Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3, § 315 Abs. 3 Nr. 1a) StGB schuldig gemacht. (Rn. 11) 

„Durch die absichtlich herbeigeführten Kollisionen hat der Angeklagte unter Anwendung der Eigendynamik seines Fahrzeugs fremde Sachen von bedeutendem Wert nicht nur gefährdet, sondern beschädigt. Die erforderliche Pervertierungs­absicht und der zumindest bedingte Schädigungs­vorsatz liegen auf der Hand. Rechts­fehlerfrei belegt ist mit diesen Feststellungen zugleich aber auch, dass der Angeklagte in der Absicht handelte, einen Unglücksfall herbeizuführen, sodass auch ein schwerer gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr gegeben ist. Dieser Qualifikations­tatbestand setzt voraus, dass es dem Täter darauf ankommt, einen Unglücksfall dadurch herbeizuführen, dass sich die durch seine Tathandlung im Sinne des § 315b Abs. 1 StGB verursachte konkrete verkehrs­spezifische Gefahr verwirklicht. Hingegen muss seine Absicht nicht auf die Herbeiführung eines Personenschadens gerichtet sein, vielmehr reicht auch die Absicht aus, einen Sachschaden zu verursachen. Dies ist hier der Fall, denn nach den Feststellungen beinhaltete das durch den Angeklagten beabsichtigte „Freirammen“ notwendig das Beschädigen der zu diesem Zweck jeweils von ihm angesteuerten Fahrzeuge. Dass er hierbei mit seiner Flucht ein weitergehendes Ziel verfolgte, ist ohne Bedeutung.“ (Rn. 12) 

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