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BGH, Urt. v. 26.02.2025 – 2 StR 480/24: Zur Gewerbsmäßigkeit beim Betrug

Sachverhalt (Rn. 2–10) 

Die Angekl. beteiligte sich an verschiedenen Taten durch sogenannte Schockanrufe, bei denen Gesch. Notfälle vorgespiegelt wurden, um sie zur Über­gabe von Geld, Schmuck oder Wertgegenständen zu motivieren. Mit den die Telefonanrufe durchführenden Mittätern waren sich die Angekl. und ihr Freund K einig, dass die Taten über eine gewisse Dauer betrieben werden sollten. Es konnte nicht ausgeschlossen werden, dass K. die Wohnung der Geschädigten entgegen dem Tatplan eigenmächtig durchsuchte und Wertgegenstände mitnahm. Von einer etwaigen Wegnahme hatte die Angeklagte keine Kenntnis und rechnete auch nicht mit ihr. 

K hielt sich oft in der Wohnung der Angekl. auf und stellte ihr Geld für die Miete, Taschengeld und Cannabis zur Verfügung. 
Ihre Aufgabe bestand darin, Kontakt zwischen den Tatbeteiligten zu halten, K über den Stand der Dinge zu informieren, bei der Aktivierung eines SIM-Karte zu helfen, den K bei der Abholung von Vermögenswerten anzuleiten und ihn bei der Verwertung von Schmuck zu unter­stützen. 

Aus den Gründen 

Zur Gewerbsmäßigkeit 

Die Angeklagte wurde wegen Betruges bzw. Beihilfe zum Betrug gem. § 263 I, III 2 Nr. 1 Alt 2 StGB verurteilt. Dies hält rechtlicher Über­prüfung aufgrund des fehlenden Qualifikations­tatbestands des gewerbsmäßigen Bandenbetrugs, § 263 V StGB, nicht stand. (Rn. 16) 

„Die Gewerbsmäßigkeit wird durch ein subjektives Moment begründet. Der Täter muss die Absicht haben, sich aus wiederholter Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende, nicht ganz unerhebliche Einnahmequelle zu verschaffen. Für die Annahme von Gewerbsmäßigkeit genügt es, dass die Taten mittelbar als Einnahmequelle dienen sollen. […] [auch dann], wenn der Täter sich selbst geldwerte Vorteile aus der Tat über Dritte verspricht. Die angestrebten Vorteile müssen nicht ein Entgelt aus der Tat darstellen. [...] [Eigennützig handelt] bei arbeits­teiligem Vorgehen […] [wer] die Auskehr (eines Teils) des unmittelbar erlangten gegenständlichen Vorteils oder eine andere Entlohnung erwartet. Auch andere Formen des Tatlohns als unmittelbare Beutegegenstände oder Surrogate stellen finanz­ielle Vorteile dar, die sich der Täter aus der Tatbegehung verschaffen will.“ (Rn. 18) 

„Diese Grundsätze hat das Landgericht nicht beachtet. Es hat lediglich auf die Herkunft der Geldleistungen abgestellt und insoweit ausgeführt, dass die finanz­ielle Unter­stützung der Angeklagten durch K. für die Annahme eines eigennützigen Handelns nicht genüge, da eine darüberhinausgehende Beteiligung am Tatertrag, insbesondere eine anteilige Beteiligung an der Beute, nicht habe festgestellt werden können. Dabei hat es übersehen, dass der Erhalt des Vorteils im Fall des Zusammenwirkens mehrerer Beteiligter regelmäßig von der Mit­wirkung desjenigen abhängt, der zunächst die Tatbeute erlangt. Der in diesem Sinne mittelbare Zufluss des Vorteils rechtfertigt für sich genommen nicht die Annahme eines bloß fremdnützigen Handelns. Zugleich hat das Landgericht verkannt, dass angesichts der erheblichen und regelmäßigen finanz­iellen Zuwendungen des K. der Schluss nahelag, dass die Angeklagte sich an den Taten beteiligte, um – wenn auch lediglich mittelbar über K. – Vermögensvorteile aus ihnen zu ziehen, sofern sie davon ausging, dass die finanz­iellen Zuwendungen regelmäßig jedenfalls auch für ihre Beteiligung an den Taten gewährt werden sollten. Die Wertung des Landgerichts, dass die Angeklagte „vom Gutdünken“ des K. abhängig gewesen sei, der seine Zahlungen jederzeit hätte einstellen können, ist daher kein Argument gegen ein gewerbsmäßiges Handeln der Angeklagten.“ (Rn. 19 f.) 

Zum Gehilfenvorsatz 

Die Annahme, der Angeklagten habe in einem Fall der Gehilfenvorsatz gefehlt, weist auch Rechts­fehler aus. Nach Auffassung des Landgerichts könne nicht ausgeschlossen  werden, dass „in erheblicher Weise von dem Tatplan abgewichen sei und statt eines Betruges aufgrund eines eigenmächtigen Entschlusses einen Diebstahl begangen habe. Die Wegnahme sei jedoch ein Tatumstand der Haupttat, den der Gehilfe „kennen“ müsse. Die Vorstellung, der Täter täusche, begründe nicht (zugleich) die „Kenntnis“ von der Wegnahme.“ (Rn. 10, 22) 

„An den Vorsatz des Gehilfen sind geringere Anforderungen als an den des Täters zu stellen. Derjenige, der lediglich eine fremde Tat fördert, braucht Einzelheiten dieser Tat nicht zu kennen und keine bestimmten Vorstellungen von ihr zu haben. Es ist lediglich ein Mindest­maß an Konkretisierung erforderlich. Der Hilfeleistende muss die zentralen Merkmale der Haupttat, namentlich den wesentlichen Unrechts­gehalt und die wesentliche Angriffsrichtung, im Sinne bedingten Vorsatzes zumindest für möglich halten und billigen.[…] Dass es sich bei einem Diebstahl um ein anderes Delikt als einen Betrug handelt, steht der Annahme des Gehilfenvorsatzes nicht entgegen, sofern es sich nicht um eine grundsätzlich andere Tat handelt. Das Landgericht hat bei der Entscheidung dieser Frage außer Betracht gelassen, dass es insoweit ausreichte, wenn die Angeklagte die Möglichkeit erkannte, dass K. gegebenenfalls die Gelegenheit ergreifen würde, auf anderem Wege als durch Verfügung der überrumpelten Tatopfer an Wertgegenstände zu gelangen. Diese Möglichkeit lag angesichts des modus operandi, der auf die Ausnutzung eines Schockmoments älterer Geschädigter ausgerichtet war, erörterungs­bedürftig nahe.“ (Rn. 23, 25) 

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