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BGH, Urt. v. 30.01.2025 – 4 StR 243/24: Zur gefährlichen Körperverletzung, § 224 I Nr. 3 StGB und zum Rücktritt vom Versuch

Sachverhalt (Rn. 3–5) 

Nach einem vorangegangenen Streit zwischen dem Angeklagten und dem Geschädigten, begab sich der Angeklagte zur Wohnung des Geschädigten um diesen körperlich zu attackieren. Hierzu führte er ein ausklappbares Einhandmesser mit sich.  
Nachdem der Angeklagte vom Geschädigten per Türöffner in das Treppenhaus eingelassen worden war, begab er sich zu dessen Wohnung. Als der Geschädigte ihm auf einem Treppenabsatz entgegenkam, erklärte der Angeklagte, dass er sich entschuldigen wolle. Dabei führte er jedoch, vom Geschädigten unerkannt, das ausgeklappte Einhandmesser in der rechten Hand. Als der Geschädigte daraufhin einen Handschlag ausführen wollte, stach der Angeklagte mit einer schnellen Stichbewegung das Messer in den Hals­bereich des Geschädigten. Danach ließ er die Tatwaffe fallen oder verlor sie auf dem Weg im Treppenhaus und flüchtete aus dem Haus. Der Geschädigte überlebte. Ob der Angeklagte mit Tötungs­vorsatz handelte, konnte nicht ermittelt werden. 

Aus den Gründen 

Zum Rücktritt vom Versuch 

Letztlich kann die Ermittlung eines bedingten Tötungs­vorsatzes dahinstehen. Denn zumindest die Annahme eines strafbefreienden Rücktritts vom unbeendeten Versuch eines Tötungs­delikts hält rechtlicher Nach­prüfung stand. (Rn. 8) 

„Für die Abgrenzung eines unbeendeten vom beendeten Versuch und damit für die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein strafbefreiender Rücktritt gemäß § 24 Abs. 1 StGB gegeben ist, kommt es darauf an, ob der Täter nach der letzten von ihm konkret vorgenommenen Ausführungs­handlung den Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolgs für möglich hält (sog. Rücktrittshorizont). Tut er dies oder macht er sich zu diesem Zeitpunkt über die Folgen seiner Handlung keine Gedanken, so ist der Versuch beendet. Rechnet der Täter zu diesem Zeitpunkt hingegen noch nicht mit dem Eintritt des Erfolges, hält er jedoch die Vollendung weiterhin für möglich, liegt ein unbeendeter Versuch vor. Für eine Straffreiheit genügt hier die Aufgabe der weiteren Tatausführung. Die Annahme eines unbeendeten Versuchs setzt gerade bei gefährlichen Gewalthandlungen voraus, dass Umstände festgestellt werden, die im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller objektiven und subjektiven Elemente der Tat die Wertung zulassen, der mit bedingtem Tötungs­vorsatz handelnde Täter habe nach Beendigung seiner Tathandlung den tödlichen Erfolg nicht (mehr) für möglich gehalten.“ (Rn. 9) 

Zum hinterlistigen Über­fall, § 224 I Nr. 3 StGB 

Es wurde rechts­fehlerhaft nicht geprüft, ob ein hinterlistiger Über­fall vorliegt. 

„Hinterlistig ist ein Über­fall, wenn der Täter planmäßig in einer auf Verdeckung der wahren Absicht berechneten Weise vorgeht, um den Gegner die Abwehr des nicht erwarteten Angriffs zu erschweren und die Vorbereitung auf eine Verteidigung nach Möglichkeit auszuschließen. Es muss also ein Über­raschungs­angriff beabsichtigt, die wahre Absicht verdeckt und der Über­fall gezielt in einer für das Opfer überraschenden Weise durchgeführt werden. Hierfür genügt in der Regel das Entgegentreten mit vorgetäuschter Friedfertigkeit oder ein von Heimlichkeit geprägtes Vorgehen.“ (Rn. 13) 

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