Die hypothetische Einwilligung ist kein Rechtfertigungsgrund im Strafrecht und kann auch nicht die Ablehnung der objektiven Zurechnung begründen (a.A. insb. Rspr. des BGH!).
„Nach Auffassung des Gerichts ist der im zivilrechtlichen Arzthaftungsrecht entwickelten Rechtsfigur der hypothetischen Einwilligung für den Bereich des Strafrechts bereits die Anerkennung zu versagen. Dabei wird nicht verkannt, dass der 1. und 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs von einer Anwendbarkeit der Rechtsfigur auch bei der Beurteilung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Arztes ausgehen (...). Dem ist jedoch aus triftigen Gründen nicht zu folgen (...).“
Das Gericht begründet dies im Wesentlichen damit, dass
1. der hypothetische Wille des Patienten nicht nachweisbar ist und anders als im Zivilrecht der Arzt durch den Grundsatz in dubio pro reo zu stark entlastet würde, so dass auch der Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung nicht zu einer Anerkennung eines solchen Rechtfertigungsgrundes zwinge,
2. das Recht des Patienten auf Selbstbestimmung durch einen solchen Rechtfertigungsgrund ausgehöhlt würde und
3. dogmatische Bedenken gegen diesen Rechtfertigungsgrund bestünden: Die hypothetische Einwilligung sei kein Akt des Selbstbestimmungsrechts und bringe auch nicht die überwiegenden Interessen des Patienten zum Ausdruck. Ferner sei unter der Prämisse der Rechtfertigung des Eingriffs auch keine Notwehr möglich. Dem könne auch nicht dadurch abgeholfen werden, dass man die hypothetische Einwilligung als Fall der fehlenden objektiven Zurechnung ansehe.