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BGH, Beschl. v. 16.11.2016 – 2 StR 246/16: Zur Abgrenzung von Mittäterschaft und Beihilfe

Sachverhalt:

Im Oktober 2010 verabredete sich eine Gruppe von Personen, in großem Stil und auf Dauer angelegt sowie bei wechselnder Tatbeteiligung im Wege des sog. Skimming­verfahrens die auf EC- sowie Kreditkarten gespeicherten Bankdaten inkl. Geheimzahlen auszuspähen, um mittels der so gewonnenen Datensätze und unter Verwendung von Kartenrohlingen mit Magnetstreifen gefälschte Kartendoubletten herzustellen und hiermit unbefugte Geldabhebungen vorzunehmen. Der Angekl. A, dessen Einbindung in die Bandenabrede nicht festgestellt werden konnte, wurde wegen Fälschung von Zahlungs­karten mit Garantiefunktion (§ 152b StGB) in Tateinheit mit Computer­betrug in Mittäterschaft verurteilt: Er soll am 23.10.2010 gemeinsam mit B eine Ausspäh­einrichtung an einem Geldautomaten angebracht haben, um die o.g. Geldabhebungen zu ermöglichen. In welcher Höhe A an dem später erlangten Geld beteiligt werden sollte, konnte nicht festgestellt werden.

Aus den Gründen:

Bzgl. der Fälschung von Zahlungs­karten mit Garantiefunktion führt der BGH aus: Die Beteiligung des A „liegt in dem Anbringen der Spähvorrichtung (und der Weiterleitung der darin erfassten Daten). Dies sind im Vorfeld der eigentlichen tatbestandsmäßigen Handlungen liegende Vorbereitungs­handlungen (…), bei denen die Annahme von Mittäterschaft zwar nicht ausgeschlossen ist, weil Mittäterschaft nicht in jedem Fall eine Mit­wirkung am Kernge-schehen voraussetzt. Erforderlich ist aber jedenfalls eine nicht ganz unter­geordnete Beteiligung an Vorbereitungs­handlungen (…).“ Mittäter „ist insoweit, wer nicht nur fremdes Tun fördert, sondern einen eigenen Beitrag derart in eine gemeinschaft­liche Tat einfügt, dass dieser als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheint. Ob ein Beteiligter ein so enges Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte können der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein.“ (Rn. 7)

Das LG habe wesentliche, gegen die Annahme von Mittäterschaft sprechende Umstände nicht erörtert: A war „nicht in die Banden- und Organisations­struktur eingebunden. Er war vielmehr lediglich an einer einzigen Tat beteiligt. In welchem Verhältnis er dabei zu den übrigen, unbekannt gebliebenen Mittätern gestanden hat, lässt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen (…). Im Dunkeln bleibt auch, wer die Bank als Tatobjekt ausgesucht und wer die Späh­einrichtungen zur Verfügung gestellt hatte. Ebenso bleibt offen, welches finanz­ielle Interesse der Angekl. an der Tatbegehung hatte. (…) Möglich ist danach nicht nur, dass er etwa an den Abhebungen im Ausland prozentual beteiligt worden ist, was eher für Mittäterschaft sprechen könnte. Denkbar ist (…) auch, dass er (…) unabhängig vom späteren Ertrag der Karteneinsätze im Ausland „fix“ entlohnt worden ist.“ (Rn. 8) Dann wäre zu erörtern gewesen, ob A sich letztlich allein auf das Sammeln von Kunden­daten (und ihren Weiterverkauf) beschränkt hatte.

Auch bzgl. des Computer­betrugs erachtet der BGH die Annahme von Täterschaft als rechts­fehlerhaft: „Auch insoweit wäre es erforderlich gewesen, in die vorzunehmende Gesamtwürdigung zur Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme die Umstände erkennbar einzubeziehen, die für eine bloße Beihilfe des Angekl. an diesen Taten sprechen. Nach den Feststellungen liegt es nahe, dass der Angekl. keine Kenntnisse von den konkreten Abläufen beim Einsatz der Karten an den Geldautomaten im Ausland hatte. Es ist nicht festgestellt, dass der Angekl. nach Weitergabe der ausgespähten Daten die Abhebungen (…) in irgendeiner Weise beeinflussen konnte. Schließlich lässt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen, dass sich sein Interesse an der Tat (…) auf den durch den Computer­betrug erlangten Vermögensvorteil richtete (…).“ (Rn. 9)

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