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BGH, Beschl. v. 4.02.2016 – 4 StR 266/15: Zur Garantenstellung des Vaters, sein Kind vor Misshandlungen durch die Mutter zu schützen)

Sachverhalt:

Im vorliegenden Fall konnte bei Misshandlungen eines Kleinkindes nicht mehr festgestellt werden, ob Vater oder Mutter das Kind im aktuellen Fall und auch in der Vergangenheit misshandelt hatten. Das LG hatte den Vater wegen einer Misshandlung Schutz­befohlener durch Unterlassen verurteilt. 

Aus den Gründen:

Der BGH hob die Entscheidung mit folgender Begründung auf: Der Tatbestand des § 225 Abs. 1 kann in den Tatalternativen des Quälens und des rohen Misshandelns auch durch Unterlassen verwirklicht werden (...). Das Landgericht ist daher im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass in Fällen, in denen nicht festgestellt werden kann, wer von beiden Elternteilen die Misshandlung zum Nachteil des gemeinsamen Kindes vornahm, in Anwendung des Zweifelssatzes eine Strafbarkeit wegen Unterlassungs­täterschaft in Betracht kommt (...). Die Erwägungen, mit denen die Strafkammer eine Handlungs­pflicht des Angekl. angenommen und die für ihn bestehende Möglichkeit der Erfolgsabwendung bejaht hat, halten indes einer rechtlichen Prüfung nicht stand. (Rn. 8)

Soweit die Strafkammer die Pflicht des Angekl., zum Schutz seines Sohnes tätig zu werden, auf dessen Kenntnis von früheren elterlichen Misshandlungen gestützt hat, hat sie übersehen, dass eine solche Handlungs­pflicht des Angeklagten nur existierte, falls die früheren Misshandlungen durch die Mutter des Kindes begangen worden waren. In diesem Fall hätte der Angeklagte bereits im Vorfeld der neuerlichen Gewalttat durch die Mutter geeignete Maßnahmen ergreifen müssen, um weitere drohende Übergriffe von dem Kind abzuwenden (...). Hatte dagegen der Angeklagte selbst die früheren Misshandlungen vorgenommen, bestand für ihn keine Verpflichtung einen Sohn vor der Mutter zu schützen, da nach seinem Kenntnisstand von ihr keine Gefahren für das Kind ausgingen (...). Von welchem Elternteil die dem Tatgeschehen vorausgegangenen Übergriffe zum Nachteil des gemeinsamen Sohnes verübt worden waren, hat das Landgericht aber gerade nicht feststellen können.

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