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BGH, Beschl. v. 21.02.2017 – 3 StR 455/16: Zu den Anforderungen an eine mittäterschaft­lichen Beteiligung an einer gefährlichen Körperverletzung

Das bloße Hineinstürmen in eine Wohnung und die Teilnahme durch physische Präsenz und zahlenmäßige Überlegenheit begründen keine mittäterschaft­liche Beteiligung an einer gefährlichen Körperverletzung i.S.v. § 224 I Nr. 4 StGB.

Sachverhalt:

Der Angekl. A fasste gemeinsam mit G, R, V sowie einer weiteren unbekannten Person den Entschluss ein „klärendes Gespräch“ mit Go. wegen eines gescheiterten Drogengeschäfts zu führen. R klingelte zunächst an der Tür, während die anderen im Auto warteten. R schlug Go., als dieser öffnete, unvermittelt mit der Faust ins Gesicht, um ein Eindringen ins Haus zu ermöglichen. R rief seine Begleiter herbei, die sich zwischenzeitlich mit Sturmhauben maskiert hatten. Allen Beteiligten war beim Eindringen in die Wohnung bewusst, dass es zu einer körperlichen Auseinandersetzung kommen sollte. A verhielt sich, während der körperlichen Auseinandersetzung mit Go. in der Wohnung, zurückhaltend und verließ mit den anderen schließlich die Wohnung.

Aus den Gründen:
Bei Beteiligung mehrerer Personen, von denen nicht jede sämtliche Tatbestandsmerkmale verwirklicht, ist Mittäter im Sinne von § 25 Abs. 2 StGB, wer seinen eigenen Tatbeitrag so in die Tat einfügt, dass er als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Handeln als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheint.“ (Rn. 4)

Hinsichtlich des Faustschlages durch R gegenüber Go. an der Tür ist dies schon deshalb zweifelhaft, weil R erst nach dem Schlag die anderen im Auto wartenden Beteiligten, dar­unter auch A, zu sich ruft. „Ein zuvor gefasster gemeinsamer Entschluss zur gleichberechtigten, arbeits­teiligen Deliktsbegehung oder ein Beitrag im Vorbereitungs­stadium, der so große Bedeutung hat, dass er in (mit-)bestimmender Weise in das Ausführungs­stadium hineinwirkte“ konnte hier nicht festgestellt werden. Eine Täterschaft kann durch das bloße Einverständnis mit Gewalthandlungen und der Billigung einer bereits verwirklichten Tat nicht begründet werden. „Eine sukzessive Zurechnung setzt vielmehr voraus, dass der Hinzutretende in der Vorstellung handelt, die Herbeiführung des tatbestandsmäßigen Erfolges durch sein eigenes Handeln weiter zu fördern.“ (Rn. 5)

Auch hinsichtlich der weiteren Schläge des R gegen Go. in der Wohnung liegt keine Mittäterschaft des A vor. Die Erwägung des LG, dem A „sei bewusst gewesen, dass nicht nur eine verbale Klärung geplant, sondern Gewalt angewendet werden sollte, weil sonst die Maskierung völlig sinnlos gewesen wäre, genügt zur Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme nicht, da auch beim Teilnehmer ein Interesse daran, nicht wiedererkannt zu werden, naheliegt und sein Wissen um die Haupttat ihn nicht schon zum Mittäter macht.“ (Rn. 6) Aufgrund dessen komme hier eine bloße Beihilfe (§ 27 StGB) des A in Betracht.

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