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BGH, Beschl. v. 26.01.2017 – 1 StR 636/16: Beihilfe zum Betrug durch berufsneutrales Verhalten

Beihilfe ist durch berufstypisches Verhalten nur möglich, wenn der Hilfeleistende von der Haupttat weiß oder sich die Förderung der Tat angelegen sein lässt.

Sachverhalt:

Den Eheleuten T wurde angelastet, durch fingierte Unfälle einen Betrug bzw. versuchten Betrug gegenüber den gegnerischen Versicherungen begangen zu haben. Der Angeklagte S hat als Rechts­anwalt im Namen der Eheleute in zwei Fällen gegenüber den Versicherungs­unter­nehmen Ansprüche aus solchen fingierten Verkehrs­unfällen geltend gemacht. Zu einer Auszahlung von Versicherungs­leistungen kam es in beiden Fällen nicht. Das Landgericht war davon ausgegangen, dass dem S, nachdem er in zwei vorausgegangenen Fällen Schreiben der Versicherungen erhalten hatte, die die Auszahlung der erhobenen Forderungen wegen fehlender Plausibilität und Kompatibilität der Schäden verweigerten, die Betrugsabsichten des Ehepaars bewusst waren und verurteilte S wegen Beihilfe zum Betrug.

Aus den Gründen:

Der BGH führt aus, für die Beihilfestrafbarkeit bei berufstypischen „neutralen“ Handlungen seien die folgenden Grundsätze zu beachten:

„Zielt das Handeln des Haupttäters ausschließlich darauf ab, eine strafbare Handlung zu begehen, und weiß dies der Hilfeleistende, so ist sein Tatbeitrag als Beihilfehandlung zu werten. In diesem Fall verliert sein Tun stets den „Alltagscharakter“; es ist als „Solidarisierung“ mit dem Täter zu deuten und dann auch nicht mehr als sozialadäquat anzusehen. Weiß der Hilfeleistende dagegen nicht, wie der von ihm geleistete Beitrag vom Haupttäter verwendet wird, hält er es lediglich für möglich, dass sein Tun zur Begehung einer Straftat genutzt wird, so ist sein Handeln regelmäßig noch nicht als strafbare Beihilfehandlung zu beurteilen, es sei denn, das von ihm erkannte Risiko strafbaren Verhaltens des von ihm Unter­stützten war derart hoch, dass er sich mit seiner Hilfeleistung die Förderung eines erkennbar tatgeneigten Täters angelegen sein ließ.“

Für den Vorsatz zur Hilfeleistung genüge hier nicht, dass S innerhalb kürzerer Zeit mehrmals Ansprüche aus Unfallgeschehen der Eheleute geltend gemacht habe. Dies hätte zwar Anlass sein können, an der Berechtigung der geltend gemachten Ansprüche zu zweifeln, das Wissen um die Nichtberechtigung der Ansprüche folge daraus indes nicht.

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