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BGH, Beschl. v. 7.02.2017 – 3 StR 430/16: Zum Gehilfenvorsatz bei der Beihilfe zum Betrug

Sachverhalt:

Die Angekl. F, G und AH begingen Betrügereien mittels sog. Rechnungs­offerten. Sie beobachteten Online-Veröffentlichungen der Behörden über Eintragungen in Marken- und Patentregistern und versendeten in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang damit Schein-Rechnungen an die jeweiligen Rechteinhaber. Die Schreiben waren so gestaltet, dass die Empfänger bei flüchtiger Betrachtung glauben sollten, dass es sich um eine amtliche Rechnung für die Eintragung ihrer Marke bzw. ihres Patents in das behördliche Register handele. Nur durch genaue Lektüre des Kleingedruckten war ersichtlich, dass das Schreiben lediglich das kostenpflichtige Angebot enthielt, die Eintragung der Marke bzw. des Patents in ein – tatsächlich nicht existentes – privates Online-Register aufzunehmen. 65 Rechnungs­empfänger überwiesen den geforderten Betrag. Der Angekl. A half F, G und AH beim Anfertigen der Schreiben und Kuvertieren der Briefe. Dabei hielt er es zumindest für möglich, sie dadurch bei der Begehung „betrügerischer Taten“ zu unter­stützen.

 Aus den Gründen:

Der Gehilfenvorsatz des Angeklagten ist nach Ansicht des BGH hinreichend belegt.

Der Annahme steht nicht entgegen, dass unklar ist, ob der Angeklagte eine Täuschung der Rechnungs­empfänger lediglich im Hinblick auf den Charakter des Schreibens oder auch über die Existenz des privaten Online-Registers für möglich hielt.

Der Vorsatz genügt in beiden Fällen den an die Bestimmtheit des Gehilfenvorsatzes zu stellenden Anforderungen.

„Der Vorsatz eines Teilnehmers – sei er Anstifter oder Gehilfe – muss sich auf die Ausführung einer zwar nicht in allen Einzelheiten, wohl aber in ihren wesentlichen Merkmalen oder Grundzügen konkretisierten Tat richten. […] Für den Vorsatz des Teilnehmers sind diejenigen Tatumstände als wesentlich anzusehen, deren Kenntnis die Begehung der Haupttat hinreichend wahrscheinlich werden lässt. Die unter­schiedlichen Teilnahmestrukturen, die verschiedene Nähe zur Tat und die differenzierten Strafdrohungen gebieten es, an den Gehilfenvorsatz andere Maßstäbe anzulegen als an den Vorsatz des Anstifters. Während der Anstifter eine bestimmte Tat, insbesondere einen bestimmten Taterfolg vor Augen hat, erbringt der Gehilfe einen von der Haupttat losgelösten Beitrag. Er strebt diese nicht notwendigerweise an, weiß aber oder hält es für möglich und nimmt jedenfalls billigend in Kauf, dass sich sein Handeln als unter­stützender Bestandteil einer Straftat manifestieren kann. Beihilfe kann deshalb schon begehen, wer dem Täter ein entscheidendes Tatmittel willentlich an die Hand gibt und damit bewusst das Risiko erhöht, dass eine durch den Einsatz gerade dieses Mittels geförderte Haupttat verübt wird.“ (Rn. 11)

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt: Der Angeklagte hielt es zumindest für möglich, dass die mit seiner Unter­stützung erstellten und kuvertierten Schreiben den Mitangeklagten dazu dienten, die Rechnungs­empfänger zu betrügen. Er gab ihnen die maßgeblichen Tatmittel willentlich an die Hand und erhöhte damit bewusst das Risiko, dass die Mitangeklagten durch den Einsatz gerade dieser Mittel geförderte Betrugstaten begingen. Das Ausmaß, in dem Rechnungs­empfänger getäuscht werden sollten, betraf für den Gehilfenvorsatz nicht bedeutsame Einzelheiten der Taten.

Eine Beihilfe zum gewerbsmäßigen Betrug scheidet hingegen aus, da es sich bei gewerbsmäßigem Handeln im Sinne von § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB um ein besonderes persönliches Merkmal handelt, das gemäß § 28 Abs. 2 StGB bei dem Angeklagten selbst vorliegen müsste.

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