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BGH, Beschl. v. 06.06.2018 – 2 ARs 163/18, 2 AR 106/18: Zur Anwendbarkeit deutschen Strafrechts bei Schädigung juristischer Personen

Leitsatz:

Eine Anwendbarkeit deutschen Strafrechts auf Auslands­taten setzt im Bereich des § 7 Abs. 1 StGB als Geschädigten eine natürliche Person voraus, die Deutscher im Sinne von Art. 116 Abs. 1 GG ist; erfasst ist danach ein bestimmter oder jedenfalls bestimmbarer einzelner deutscher Staats­angehöriger, der durch die Auslands­tat in seinen individuellen Rechten verletzt ist.

Sachverhalt:

Bei einer deutschen Volksbank ging ein gefälschter Über­weisungs­träger zu Lasten des Kontos des Kirchenkreises L, einer juristischen Person mit Sitz in Deutschland, ein. Der gefälschte Über­weisungs­träger sah eine unberechtigte Trans­aktion iHv 9.307,39 Euro auf das Konto des Beschuldigten A mit französischer Staats­angehörigkeit, bei einem französischen Kreditinstitut mit Sitz in Frankreich vor. Die ausführende Volksbank konnte die Über­weisung noch rechtzeitig verhindern. Bei den Ermittlungen stellt sich heraus, dass A mehrfach Über­weisungen von ihm nicht bekannten Kontoinhabern aus Deutschland auf seinem Konto in Frankreich in Empfang genommen hat. Die Gelder stammten aus Urkunden­fälschungen und Betrugstaten. Die eingegangenen Gelder hatte er auf Weisung eines unbekannten Hintermannes u.a. auf andere Konten trans­feriert.

Der BGH hat den Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts gemäß § 13a StPO abgelehnt, da auf die A zur Last gelegte Auslands­tat deutsches Strafrecht unanwendbar ist.

Aus den Gründen:

„Bei der dem A zur Last gelegten Auslands­tat handelt es sich um (versuchte) Geldwäsche im Sinne von § 261 Abs. 1, Abs. 2 Nrn. 1 und 2, Abs. 3 StGB. (...) § 261 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 StGB weisen als abstraktes Gefährdungs­delikt keinen inländischen Erfolgsort im Sinne von § 9 Abs. 1 Alt. 2 StGB auf. Tatort ist daher alleine der Ort in Frankreich, an dem A gehandelt hat.“ (Rn. 4)

„Für diese Auslands­tat ist deutsches Strafrecht auch nach § 7 Abs. 1 StGB unanwendbar.“ Zwar schützt der Geldwäschetatbestand nach § 261 II StGB auch das durch die Vortat verletzte Rechts­gut. „(…) Die Anwendbarkeit deutschen Strafrechts nach § 7 Abs. 1 StGB setzt als Geschädigten eine natürliche Person voraus, die Deutscher im Sinne von Art. 116 Abs. 1 GG ist, mithin eine Person, die die deutsche Staats­angehörigkeit (§ 1 StAG) besitzt. Diesem beschränkten Anwendungs­bereich liegt das passive Personalitätsprinzip zugrunde. (…) Bei dem hier Geschädigten, dem Kirchenkreis L., handelt es sich nicht um eine natürliche Person, also einen bestimmten oder bestimmbaren einzelnen deutschen Staats­angehörigen. Eine möglicherweise mittelbare Betroffenheit der Mitglieder des L genügt in diesem Zusammenhang ebenfalls nicht. Mithin ist die Auslands­tat des A nicht „gegen einen Deutschen“ im Sinne von § 7 Abs. 1 StGB begangen worden.“ (Rn. 5)

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