Leitsatz: Ein Rücktritt vom Versuch gem. § 24 I 1 Alt. 2 StGB kommt schon dann in Betracht, wenn der Täter unter mehreren Möglichkeiten der Erfolgsverhinderung nicht die sicherste oder „optimale“ gewählt hat.
Sachverhalt: Der Angeklagte A, Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr, setzte ein bewohntes dreistöckiges Haus im Erdgeschoss in Brand, um für die Mitwirkung am anschließenden Feuerwehreinsatz die ausgelobte Einsatzvergütung zu erlangen. Zwei der vier zu dieser Zeit im Haus befindlichen Bewohner gelang die Flucht, zwei andere brachten sich auf einem Balkon in Sicherheit. Die von einer Nachbarin verständigte Feuerwehr konnte sie dort schließlich retten. A hatte bereits nach der Brandlegung das Haus verlassen und dann den Feueralarm abgewartet. Danach machte er sich auf den Weg zum Feuerwehrhaus, wo er in der Funkzentrale seinen Dienst versah.
Aus den Gründen:
Nach Ansicht des Senats hat das LG einen strafbefreienden Rücktritt des A vom versuchten Mord und der versuchten Brandstiftung mit Todesfolge gem. § 24 I StGB im Ergebnis zutreffend verneint. „Zutreffend ist das LG davon ausgegangen, dass der Versuch des Mordes und der Brandstiftung mit Todesfolge aus Sicht des A beendet war (…). Für einen strafbefreienden Rücktritt hätte A daher entweder die Vollendung der Tat freiwillig verhindern müssen (§ 24 I 1 Alt. 2 StGB) oder sich zumindest freiwillig und ernsthaft um die Abwendung des Erfolgseintritts bemühen müssen (§ 24 I 2 StGB). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.“ (Rn. 6)
Das LG nahm allerdings rechtsfehlerhaft an, „A wäre auch bei diesem Rücktrittsgrund verpflichtet gewesen, nach besten Kräften für die Erfolgsvermeidung zu sorgen. (…).“ (Rn. 7) Ein Rücktritt kommt gem. § 24 I 1 Alt. 2 StGB „schon dann in Betracht, wenn der Täter unter mehreren Möglichkeiten der Erfolgsverhinderung nicht die sicherste oder ‚optimale‘ gewählt hat, sofern sich das auf Erfolgsabwendung gerichtete Verhalten des Versuchstäters als erfolgreich und für die Verhinderung der Tatvollendung als ursächlich erweist. Es kommt nicht darauf an, ob dem Täter schnellere oder sicherere Möglichkeiten der Erfolgsabwendung zur Verfügung gestanden hätten; das Erfordernis eines ‚ernsthaften Bemühens‘ gemäß § 24 I 2 StGB gilt für diesen Fall nicht (…). Erforderlich ist aber stets, dass der Täter eine neue Kausalkette in Gang gesetzt hat, die für die Nichtvollendung der Tat ursächlich oder jedenfalls mitursächlich geworden ist (…). Ohne Belang ist dabei, ob der Täter noch mehr hätte tun können, sofern er nur die ihm bekannten und zur Verfügung stehenden Mittel benutzt hat, die aus seiner Sicht den Erfolg verhindern konnten (…).“ (Rn. 8)
„Nach den Feststellungen des LG setzte A durch sein Handeln keine neue Kausalkette zur Rettung der Hausbewohner in Gang, die für die Nichtvollendung der Tat zumindest mitursächlich werden konnte.“ Zwei Bewohner hatten sich selbst gerettet, die beiden anderen konnten aufgrund der Benachrichtigung durch eine Nachbarin von der Feuerwehr gerettet werden. „A trug zu der Rettung durch eigenes Verhalten nicht bei. Er wies weder auf den Brand hin noch machte er – als der Notruf Dritter bei der Feuerwehr eingegangen war – Angaben zu rettungsbedürftigen Personen, Brandherd oder Brandursache. Auch leistete A selbst keine aktiven Beiträge zur Rettung der Personen. Allein dadurch, dass er zunächst auf die Mitteilung des Feueralarms auf seinem Feuerwehrpiepser wartete, um dann in der Funkzentrale seinen Dienst zu verrichten, setzte er keine neue Kausalkette zur Rettung der Hausbewohner in Gang.“ (Rn. 9)
„Ein Rücktritt des A gem. § 24 I 2 StGB ist ebenfalls nicht gegeben. Wird (…) der Taterfolg durch Dritte verhindert, setzt ein strafbefreiender Rücktritt voraus, dass der Täter alles tut, was in seinen Kräften steht und nach seiner Überzeugung zur Erfolgsabwendung erforderlich ist, und dass er die aus seiner Sicht ausreichenden Verteidigungsmöglichkeiten ausschöpft, wobei er sich auch der Hilfe Dritter bedienen kann (…). Hierfür genügt die bloße Dienstverrichtung des A in der Funkzentrale (…) erst recht nicht.“ (Rn. 10)