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BGH, Beschl. v. 8.5.2018 – 5 StR 108/18: Unmittelbares Ansetzen gem. § 22 StGB beim schweren Bandendiebstahl

Sachverhalt:

Die Angekl. K, JG, MG und D schlossen sich zu einer Bande zusammen und planten in arbeits­teiligem Vorgehen in die Wohnungen älterer/gebrechlicher Menschen einzudringen, um dort Wertgegenstände und Geld zu entwenden. JG sollte dafür Tatopfer auf der Straße ansprechen und deren Wohnungs­schlüssel entwenden. Alternativ wollten sie an der Wohnung klingeln, Einlass verlangen und diese durchsuchen, während einer der Angekl. das Opfer ablenken sollte. Am Mittag des Tattages klingelten die Angekl. MG und D an der Wohnung des 103 Jahre alten Kn. Dieser öffnete die Tür mit vorgelegter Sicherungs­kette. D sprach ihn durch den Türspalt an und bat um Einlass, was ihm Kn. aber verwehrte. Die Angekl. warteten noch ab, ob Kn. die Wohnung verlasse. In diesem Fall sollte ihm JG den Schlüssel abnehmen, um die Tat danach doch noch ausführen zu können. Kn. verließ aber seine Wohnung nicht, weswegen die Angekl. aufgaben. Im weiteren Verlauf des Tages fiel den im Auto herumfahrenden Angekl. der 73-jährige U als geeignetes Opfer auf. JG verließ das Auto, bedrängte U körperlich und versuchte an den Wohnungs­schlüssel zu gelangen. U stieß JG jedoch von sich. Unverrichteter Dinge stieg JG wieder ins Auto. Das LG verurteilte die Angekl. wegen versuchten schweren Bandendiebstahls.

Aus den Gründen:

In beiden Fällen fehlt es am unmittelbaren Ansetzen i.S.v. § 22 StGB. „Dies ist nach ständiger Rechts­prechung nicht erst der Fall, wenn der Täter ein Tatbestandsmerkmal verwirklicht, sondern schon dann, wenn er Handlungen vornimmt, die nach seinem Tatplan der Erfüllung eines Tatbestandsmerkmals vorgelagert sind und in die Tatbestandshandlung unmittelbar einmünden. Das Versuchsstadium erstreckt sich dementsprechend auf Handlungen, die im ungestörten Fortgang unmittelbar zur Tatbestandserfüllung führen sollen oder die im unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit ihr stehen.“ (Rn. 14)

Daran fehlte es hier. „Zwar hatten die Angekl. wichtige Vorbereitungs­handlungen ausgeführt. Jedoch waren die Maßnahmen noch nicht so weit gediehen, dass ihr Tun ohne weitere Zwischenakte unmittelbar in die Verwirklichung des Straftatbestandes des § 244a StGB hätte einmünden können.“ (Rn. 15) Bei der Tat am Mittag „setzte die Ausführung des Diebstahls voraus, dass Kn. die Sicherheitskette abnehmen, die Tür öffnen, die beiden Angekl. einlassen und sich von D ablenken lassen würde. Erst dann hätten die anderen Täter die Wohnung durchsuchen und Gegenstände entwenden können. Damit sollte ihr Tun noch nicht unmittelbar in Wegnahmehandlungen einmünden.“ (Rn. 16) Die Fälle, in denen vom BGH bereits das Klingeln an der Tür als Versuchsbeginn gewertet wurde, seien damit nicht vergleichbar. „Sie betreffen Raubdelikte, bei denen der Täter nach dem Öffnen der Tür sofort Gewalthandlungen gegen das Opfer vollführen wollte und damit – anders als vorliegend – bereits ein Tatbestandsmerkmal des § 249 StGB erfüllt hätte.“ (Rn. 17)

Hinsichtlich U gilt nichts anderes: „In Bezug auf den Diebstahl von Gegenständen aus der Wohnung des ausgewählten Tatopfers hätten die Angekl. diese noch aufsuchen und öffnen müssen.“ (Rn. 18) Allerdings kommt die Verwirklichung des § 244a StGB bzgl. des Wohnungs­schlüssels selbst in Betracht. Unklar ist aber, „ob die Angekl. den Eigentümer insoweit dauernd enteignen wollten, also mit Zueignungs­absicht handelten. Dies versteht sich nach Lage des Falles auch nicht von selbst. Denn es liegt im Bereich des nicht nur denktheoretisch Möglichen, dass die Angekl. etwa den für sie nach Gebrauch wertlosen Wohnungs­schlüssel in der Wohnung zurückzulassen beabsichtigten.“ (Rn. 18)

Die Angekl. haben sich durch beide Taten jedoch jeweils einer Verabredung des Verbrechens des schweren Bandendiebstahls gemäß §§ 244a, 30 II StGB strafbar gemacht. Straffreiheit nach § 31 StGB scheidet aus, da die Angekl. die Ausführung der Taten nicht freiwillig aufgegeben haben, sondern erst, als sie ihn für gescheitert hielten. (Rn. 19)

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