Sachverhalt:
Nach einem Fest setzte sich A mit einer BAK von mindestens 0,91 Promille und höchstens 1,23 Promille ans Steuer seines Pkw, um nach Hause zu fahren. Die später getötete T und K , standen ein Stück weit in der Fahrbahn, um ein Taxi anhalten zu können. Als T und K auf der Fahrbahn weiterhin stehen blieben, reagierte A gereizt und ließ sein Fahrzeug langsam vorrollen, obwohl er über die Gegenfahrbahn hätte ausweichen können. Unmittelbar vor T und K stoppte er ab. Dadurch wollte A die T und K dazu bewegen, zur Seite zu gehen. A fuhr langsam an und erfasste das Paar. Ihm war bewusst, dass aus dem Zusammenstoß auch tödliche Folgen resultieren konnten, vertraute jedoch darauf, dass dies nicht geschehen würde. K wurde durch den Anstoß nach links abgewiesen und fiel auf die Fahrbahn. T wurde auf die Motorhaube aufgeladen, konnte sich aber nur kurz auf dem Fahrzeug halten, rutschte von der Motorhaube herunter und kam vor dem Fahrzeug auf der Fahrbahn zu liegen. Sie gelangte sofort unter das bis dahin in gleicher Geschwindigkeit fahrende Fahrzeug und wurde von dem nun beschleunigenden PKW des A einige Meter mitgeschleift und erlitt tödliche Verletzungen.
Zwar bemerkte A eine Bewegung seines PKW, ging aber, als er danach weiterfuhr, davon aus, dass T nach rechts von der Motorhaube heruntergerutscht und ohne tödliche Verletzungen zu Boden gefallen war.
Das LG hat das Verhalten des A als Körperverletzung mit Todesfolge (§ 227 Abs. 1 StGB) zum Nachteil von T, vorsätzliche Körperverletzung (§ 223 Abs. 1 StGB) zum Nachteil von K und vorsätzlichen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr (§ 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB) gewertet.
Die Ablehnung eines bedingten Tötungsvorsatzes in Bezug auf die Getötete T und die Nichtannahme einer gefährlichen Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 5 StGB zum Nachteil des K halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Aus den Gründen:
Zum bedingten Tötungsvorsatz führt der Senat aus:
„Bedingter Vorsatz und bewusste Fahrlässigkeit unterscheiden sich darin, dass der bewusst fahrlässig Handelnde mit der als möglich erkannten Folge nicht einverstanden ist und auf deren Ausbleiben vertraut, während der bedingt vorsätzlich handelnde Täter den Eintritt des schädlichen Erfolges um des erstrebten Zieles willen billigend in Kauf nimmt oder sich wenigstens mit der Tatbestandsverwirklichung abfindet. Dabei kann schon eine Gleichgül-tigkeit gegenüber dem zwar nicht angestrebten, wohl aber hingenommenen Tod des Opfers die Annahme bedingten Tötungsvorsatzes rechtfertigen. Dazu ist eine Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Tatumstände erforderlich.“ (Rn.16)
„Danach hätte sich das LG auf der Grundlage einer zusammenfassenden Würdigung des Verhaltens des A und der von ihm wahrgenommenen Tatumstände mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob ihm der als möglich erkannte Eintritt des Todes von T gleichgültig war.
A hat das Geschehen durch ein bewusstes Anfahren des K und der T eingeleitet, wobei er schon an dieser Stelle in Kauf nahm, dass sich beide als Folge des Zusammenstoßes mit seinem Fahrzeug auch schwer verletzen könnten. Bereits zu diesem Zeitpunkt war er von seinen Mitfahrern dazu aufgefordert worden, jede weitere Eskalation zu unterlassen. Nachdem er T infolge des von ihm herbeigeführten Anstoßes aufgeladen hatte, fuhr er, ohne seine Fahrt zu verlangsamen, weiter und beschleunigte im Anschluss an ihren Absturz sein Fahrzeug zuletzt auf 40 bis 50 km/
Zu einer gefährlichen Körperverletzung zu Lasten des K führte das LG folgendermaßen aus:
„Eine gefährliche Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB liegt vor, wenn der Täter in einer Weise vorgeht, die nach den Umständen des Einzelfalls (generell) geeignet ist, das Leben zu gefährden und er die Umstände kennt, aus denen sich die Lebensgefährlichkeit seines Tuns in der konkreten Situation ergibt. Danach hätte das LG hier in eine Prüfung der Voraussetzungen einer gefährlichen Körperverletzung in der Variante des § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB eintreten müssen. Denn nach den Feststellungen wurde K von A in einer Weise angefah-ren, dass sogar tödliche Verletzungen möglich waren. Auch nahm er dabei an, dass aus dem Zusammenstoß tödliche Folgen resultieren könnten.
Eine gefährliche Körperverletzung mittels eines anderen gefährlichen Werkzeugs (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB) begeht, wer seinem Opfer durch ein von außen unmittelbar auf den Körper einwirkendes gefährliches Tatmittel eine Körperverletzung im Sinne von § 223 Abs. 1 StGB beibringt. Ein fahrendes Kraftfahrzeug, das zur Verletzung einer Person eingesetzt wird, ist in der Regel als ein gefährliches Werkzeug im Sinne von § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB anzusehen. Wird eine Person durch ein gezieltes Anfahren zu Fall gebracht, kann darin eine gefährliche Körperverletzung im Sinne von § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB liegen, wenn bereits durch den Anstoß eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens und damit eine körperliche Misshandlung gemäß § 223 Abs. 1 StGB ausgelöst worden ist.
Das LG hat zwar zutreffend erkannt, dass danach erst durch den Sturz des K verursachte Verletzungen den Tatbestand des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB nicht erfüllen können. Es hätte aber auch prüfen müssen, ob nicht bereits durch den Anstoß des Fahrzeugs eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens des K ausgelöst wurde, die den objektiven Tatbestand einer körperlichen Misshandlung gemäß § 223 Abs. 1 StGB erfüllte.“ (Rn.22–25)