DE / EN

BGH, Urt. v. 04.03.2020 – 5 StR 623/19 (Zum Mittäterexzess beim besonders schweren Raub gem. § 250 II Nr. 1 StGB)

Sachverhalt: Der Angekl. A fasste mit B, M und T den Entschluss, den Juwelier D, den A kannte, auszurauben. Da sie wussten, dass D die Täter früherer Über­fälle „wehrhaft in die Flucht geschlagen hatte“, besorgte A absprach­egemäß am Vorabend der Tat einen geladenen Revolver, der allerdings ausschließlich zur Drohung eingesetzt werden sollte. Zudem kauften sie unmittelbar vor dem Über­fall eine Rolle Panzerklebeband, um D zu fesseln. Derart ausgerüstet betraten B und M das Lokal, während T vor dem Geschäft blieb und A auf einem Parkplatz in unmittelbarer Nähe wartete. B und M bedrohten D mit dem Revolver. D wurde in der Folge jedoch nicht wie geplant gefesselt, sondern von M erschossen. M war „möglicherweise aus Angst vor D “ vom Tatplan abgewichen „oder, weil er nun doch keinen Zeugen für sein Tun zurücklassen wollte.“ Anschließend entwendeten B und M Schmuck und übergaben die Tatbeute wie verabredet dem A, der nach der Flucht über Polen den Schmuck in Serbien für 43.000 € verkaufte. Der Erlös wurde anschließend geteilt. Von der Tötung des D erfuhr A spätestens in Polen.

Das LG hat A wegen besonders schweren Raubes gemäß §§ 249 I, 250 II Nr. 1 StGB verurteilt. An einer Verurteilung wegen Mordes hat es sich gehindert gesehen, weil zugunsten des A nicht ausgeschlossen werden könne, dass es sich bei der Tötung des D um einen Mittäterexzess des M gehandelt habe. Deshalb scheide auch eine Verurteilung nach § 251 StGB wegen Raubes mit Todesfolge aus.

Aus den Gründen:

Das LG hat mit seinem Schuldspruch den Unrechts­gehalt der rechts­fehlerfrei festgestellten Tat nicht ausgeschöpft. Zum einen hätte das LG eine Strafbarkeit nach dem Waffengesetz, zum anderen aber auch wegen tateinheitlich begangener fahrlässiger Tötung (§ 222 StGB) erörtern müssen. A hat durch seine Tatbeiträge „eine (strafrechts­widrige) ursächliche Bedingung für den Tod des D gesetzt. Auch liegt es jedenfalls nicht fern, dass diese Folge seiner Handlungen für ihn vorhersehbar war. (…) Schon allein das Beschaffen einer geladenen Schusswaffe für einen Über­fall auf ein bekanntermaßen wehrhaftes Opfer kann (…) die Vorhersehbarkeit eines tödlichen Geschehensverlaufes begründen.“ (Rn. 15)

Nach den Urteilsfeststellungen hat sich A aber weder wegen Mordes noch wegen Raubes mit Todesfolge strafbar gemacht, wie das LG richtig festgestellt hat.

„Eine Verurteilung wegen Mordes (§ 211 StGB) scheidet aus, weil das LG ihm die Tötung des D rechts­fehlerfrei nicht nach § 25 II StGB zugerechnet hat.“ (Rn. 19) „Dem Tatplan zufolge sollte der geladene Revolver bei dem Raub ausschließlich zur Drohung gegen D eingesetzt werden. Davon wich M (…) entweder aus Angst vor D oder mit dem Ziel ab, die Täterschaft durch die Tötung des einzigen Tatzeugen zu verdecken. Jedenfalls im zweiten – nach dem Zweifelssatz anzunehmenden – Fall hat das LG die Tötung des Opfers für A zu Recht als Mittäterexzess des (…) M gewertet.“ (Rn. 22)

Gleiches gilt bzgl. des Raubes mit Todesfolge (§ 251 StGB): „Hat einer von mehreren Tatbeteiligten den qualifizierenden Erfolg verursacht, so setzt eine Strafbarkeit der übrigen nach § 251 StGB voraus, dass sich ihr zumindest bedingter Vorsatz auf das Nötigungs­mittel erstreckt, durch welche der qualifizierende Erfolg herbeigeführt worden ist. Ein Beteiligter haftet mithin (…) als Mittäter des Raubes nur für die Folgen derjenigen Handlungen des den Tod des Opfers unmittelbar herbeiführenden Täters, die er in seine Vorstellungen von dem Tatgeschehen einbezogen hatte oder ihm zumindest gleichgültig waren.“ (Rn. 25) „Daran gemessen kann A der Tod des D in subjektiver Hinsicht nicht zugerechnet werden, da dieser die Folge eines Mittäterexzesses (…) war.“ (Rn. 26)

Zum Volltext