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BGH , Beschl. v. 14. 05. 2013 – 3 StR 69/13: Vollendete Hehlerei bei erfolglosen Absatzbemühungen

Der 3. Strafsenat hatte über einen Sachverhalt zu entscheiden, den das LG als vollendete Hehlerei gewertet hatte. Der Angekl. hatte im Auftrag eines Dritten versucht, einen Abnehmer für gestohlene Gemälde zu finden, war dabei jedoch erfolglos geblieben. Der Senat wendet sich gegen die bisherige Rspr., wonach die Merkmale „Absetzen“ und „Absetzenhelfen“ keinen Absatzerfolg erfordern, und fragt bei den übrigen Senat an, ob diese an ihrer Auffassung festhalten wollen (zur bisherigen Rspr. s. BGHSt 27, 45; zur Kritik vgl. nur Rengier BT I § 22 Rn. 33 ff.).

Den Anfragebeschluss begründet der 3. Strafsenat mit einer umfassenden Auslegungen der tatbestandlichen Hehlereihandlung:

„a) Für die Auslegung des Tatbestands der Hehlerei als Erfolgsdelikt auch in den Fällen des Absetzens und der Absatzhilfe spricht der Wortlaut der Vorschrift. Schon der allgemeine Sprach­gebrauch unter­scheidet zwischen dem erfolgreichen Absetzen und bloßen Absatzbemühungen. Im Verkehr unter Kaufleuten, aus dem der Begriff stammt, würde niemand davon sprechen, dass ein Händler Waren abgesetzt hat, wenn er sich nur vergeblich um den Verkauf bemüht hat. Von diesem Verständnis ging auch das RG aus, das den Verzicht auf den im Absatzbegriff enthaltenen Erfolg – wie dargelegt – allein aus der Handlungs­formulierung des Mitwirkens herleitete (RGSt 5 241, 242f.).

 

b) Zudem führt die bisherige Auslegung zu einem systematischen Bruch zwischen den Tathandlungs­alternativen des Absetzens und der Absatzhilfe einerseits sowie des Ankaufens und des sonstigen sich Verschaffens andererseits, wenn nur bei letzteren zur Vollendung – wie es einhelliger Auffassung entspricht – der Über­gang der Verfügungs­gewalt verlangt wird (vgl. Zieschang aaO, S. 409). Wie wenig sach­gerecht dieser systematische Bruch ist, wird besonders deutlich beim Blick auf die Konsequenzen für die Absatzhilfe: Diese ist vor allem deshalb als eigenständige, täterschaft­liche Tatbestandsalternative ausgestaltet, weil die Absatzbemühungen des Vortäters ihrerseits § STGB § 259 StGB nicht unter­fallen, mithin keine taugliche Vortat darstellen können. Kommt jedoch dem Absatzhelfer im Vergleich zum Gehilfen des Ankäufers schon die zwingende Strafrahmenverschiebung des § 27 II 2 StGB nicht zugute, sollte dies nicht noch dadurch verstärkt werden, dass ihm die Möglichkeit einer solchen nach 23 II StGB zusätzlich genommen wird (so auch Küper aaO, 635f.).

Dem Argument aus der systematischen Auslegung kann nicht überzeugend entgegengehalten werden, die einzelnen Stadien der auf Absatz zielenden Tätigkeiten – Vorbereitung, Versuch, Vollendung – seien anders als beim Sichverschaffen einer klaren Abgrenzung nicht zugänglich (vgl. hierzu Wessels/Hillenkamp aaO). Denn gerade durch das Erfordernis eines Absatzerfolges wird eine klare Grenze zwischen den Stadien vor und nach Vollendung geschaffen. Die bisherige Rechts­prechung lässt demgegenüber – systemwidrig – die Versuchsstrafbarkeit im Bereich des Absetzens und der Absatzhilfe weitestgehend leerlaufen. Ihr Anliegen ist es, befürchtete Strafbarkeits­lücken zu vermeiden, die bei einem Abstellen auf einen Absatzerfolg entstehen könnten (so ausdrücklich Wessels/Hillenkamp aaO), und die deswegen als besonders misslich angesehen werden, weil die Hehlerei in Form des Absetzens durch das Schaffen von Anreizen zur Begehung von (weiteren) Diebstahlstaten als besonders gefährlich gelten müsse (in diese Richtung Rosenau aaO, 353). Solche Lücken entstehen indes nicht, weil, soweit der Täter zum Absetzen (oder der Absatzhilfe) unmittelbar angesetzt hat, die dann angemessene Versuchsstrafbarkeit zum Tragen kommt, und, sofern sie – etwa in Fällen des Rücktritts – entfällt, dies dem Willen des Gesetzes entspricht. Im Übrigen ist die Schließung von Strafbarkeits­lücken nicht Sache der Rechts­prechung, sondern die der Gesetzgebung.

c) Das Verständnis des Absetzens als Erfolgsdelikt verdient schließlich auch bei teleologischer Auslegung den Vorzug. Denn wenn das Wesen der Hehlerei in der Aufrechterhaltung der durch die Vortat geschaffenen rechts­widrigen Vermögenslage liegt, „die durch das Weiterschieben der durch die Vortat erlangten Sache im Einverständnis mit dem Vortäter erreicht wird” (BT-Dr. 7/550, S. 252, sog. Perpetuierungs­theorie), liegt die Annahme von Vollendung fern, wenn diese Weiterschiebung noch nicht abgeschlossen ist (so auch Küper aaO, 635). Dies stellt keinen Rückfall in das Verständnis der Hehlerei als Restitutions­vereitelungs­delikt dar (so aber Rosenau aaO, 352f.), sondern berücksichtigt, dass der Absetzende im Lager des Vortäters steht (Zieschang aaO, S. 411).“

Der 2. Strafsenat (Beschl. v. 15.08.2013 – 2 ARs 299/13) und der 5. Strafsenat (Beschl. v. 20.08.2013 – 5 ARs 34/13) sind dieser Auffassung im Übrigen mittlerweile beigetreten.