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KG, Beschl. v. 02.12.2013 – (4) 161 Ss 208/13 (252/13) – BeckRS 2014, 03384: Zange als „anderes gefährliches Werkzeug“

Das Kammergericht hatte über die Frage zu entscheiden, ob es sich bei einer Zange um ein „anderes gefährliches Werkzeug“ iSv § 244 Abs. 1 Nr. 1a StGB handelt.

Sachverhalt:

Die beiden Angeklagten wollten in einem Berliner Kaufhaus Garderobe für sich kaufen. Als sie in der Umkleidekabine feststellten, für den Erwerb der ausgewählten Kleidungs­stücke nicht genügend Geld zu haben, fassten sie den Entschluss, die Kleidungs­stücke zu entwenden. In der Tasche einer der Angeklagten fanden sie zwei Zangen mit einer Mindest­länge von 15 cm bzw. 20 cm. Mit einer dieser beiden Zangen entfernten sie die Sicherungs- und die Preisetiketten und verstauten die jeweils für sich ausgewählten Kleidungs­stücke in den mitgeführten Taschen, um diese für sich zu behalten, ohne sie zu bezahlen. Anschließend verstaute die Angeklagte R. die Zangen wieder, jedoch wissentlich nicht in der verschließbaren Innentasche, wo sie diese zuvor aufgefunden hatten, sondern lose und griffbereit in der Tasche. Dann begaben sie sich zum Ausgang der Filiale, wo sie von einem Ladendetektiv angesprochen wurden.

Das Amtsgericht Tiergarten hatte die Angeklagten wegen Diebstahls mit Waffen verurteilt.

Die auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützte (Sprung-)Revision sieht das Kammergericht als begründet an.

Aus den Gründen:

Das Beisichführen eines „anderen gefährlichen Werkzeugs“ im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1 a StGB setze voraus, „dass es sich um einen körperlichen Gegenstand handelt, der nach seiner objektiven Beschaffenheit geeignet ist, im Falle seines Einsatzes gegen Personen erhebliche […] Verletzungen herbeizuführen.“ Ob eine längere Zange „bei einem Einsatz als Stichwerkzeug objektiv geeignet wäre, mit ihr die menschliche Haut, Muskel-, Fett- oder Bindegewebe, Sehnen oder Blutgefäße ohne allzu großen Kraftaufwand zu durchtrennen, kann allein daraus, dass ihre ca. 5 cm lange Kneiffläche „spitz zulaufend“ ist, nicht gefolgert werden.“ Entsprechend verhalte es sich mit der Eignung der kleineren Zange, „bei einem Einsatz als Schlagwerkzeug erhebliche Verletzungen, etwa durch Beeinträchtigung auch innerer Organe durch die Ein­wirkung stumpfer Gewalt, herbeizuführen.“

Für den diesbezüglich erforderlichen Vorsatz reicht das „allgemeine, noch auf keinen bestimmten Zweck gerichtete, während der Tatbegehung aktuelle Bewusstsein aus, ein funktions­bereites Werkzeug zur Verfügung zu haben, welches geeignet ist, erhebliche Verletzungen zu verursachen.“ Dazu müsse der Täter „jedenfalls das Bewusstsein haben, dass das mitgeführte Werkzeug im Falle eines – wenn auch nicht von vornherein für möglich gehaltenen oder sogar höchst unerwünschten – Einsatzes gegen Menschen erhebliche Verletzungen verursachen kann.“

Die Anforderungen, die an die Feststellungen der Tätervorstellung zu stellen sind, seien umso niedriger, „je gefährlicher und für einen Einsatz als potentielles Nötigungs­mittel geeigneter, sprich waffenähnlicher der jeweilige Gegenstand ist“. Umgekehrt sei es bei „sozialadäquaten“ Alltags- und Berufsgegenständen.