Sachverhalt:
Der Angekl. A befand sich am Tattag mit R in der Einzimmerwohnung des Tatopfers O. A und O tranken beträchtliche Mengen Alkohol, was bei A zu einer maximalen Blutalkoholkonzentration von 3,71 ‰ und bei O zu einer Blutalkoholkonzentration von 1,92 ‰ führte. Zwischen R und O entstand ein Streit, in dessen Verlauf R den O zu Boden brachte. Er trat für A auch hinsichtlich der Gefährlichkeit erkennbar auf den wehrlos am Boden liegenden O mindestens fünfmal kräftig ein und verursachte schwerste innere Verletzungen. Dann half er O auf, legte ihn auf das Sofa und deckte ihn zu. Um 21.35 Uhr rief er die Polizei an und teilte mit, dass O soeben gestorben sei. Der Notarzt dokumentierte um 21.45 Uhr den eingetretenen Tod. A hatte nichts getan, um O zu helfen. Das LG konnte weder die Tatzeit noch den Zeitpunkt des Todeseintritts exakt feststellen.
Der BGH hat den Angeklagten von dem Vorwurf der unterlassenen Hilfeleistung freigesprochen.
Aus den Gründen:
„Nach ständiger Rechtsprechung muss einem Verunglückten selbst dann die dem Täter mögliche Hilfe geleistet werden, wenn sie schließlich vergeblich bleibt und sich die befürchtete Folge des Unglücks aus der Rückschau als von Anfang an als unabwendbar erweist; jedoch besteht keine Hilfspflicht mehr, sobald der Tod des Verunglückten eingetreten ist.“
Gemäß den Urteilsgründen hat R dem O nach Abschluss der Gewalthandlungen „aufgeholfen“. Das LG geht deshalb davon aus, O habe noch gelebt, bevor er auf das Sofa gelegt worden ist.
Selbst wenn er unmittelbar danach an seinen schweren inneren Verletzungen verstorben ist, geht der BGH davon aus, dass dem von der Tat „überrumpelten“ A über die ihm zuzubilligende „Schrecksekunde“ hinaus nur eine äußerst knappe und wegen seiner hochgradigen Alkoholisierung sowie einer hinzukommenden körperlichen Beeinträchtigung („offenes Bein“) ersichtlich nicht ausreichende Zeitspanne verblieben sei, seiner Hilfspflicht nachzukommen.
Nicht ausgeschlossen werden könne auf der Basis der Feststellungen ferner, dass der Anruf des R bei der Polizei sogleich nach dem Ablegen des vielleicht noch lebenden O erfolgt sei, wonach sich eine Hilfeleistung durch A aus diesem Grund erübrigt hätte.
A ist somit nach allen Sachverhaltsvarianten straffrei. Dem Schuldspruch steht der Zweifelssatz entgegen.