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BGH, Urt. v. 17.06.2015 – 2 StR 139/14: Zur Abgrenzung von sukzessiver Beihilfe und Begünstigung

Sachverhalt:

Der Angekl. I. C. überfiel am 12. Dezember 2012 gemeinsam mit den Mitangekl. Ce. und L., das Juweliergeschäft Li. in G.. Sie verwendeten dabei eine geladene Schusswaffe und eine Gaspistole als Drohmittel. Die Täter begaben sich zu Fuß zu dem Juweliergeschäft, maskierten sich mit Sturmhauben und betraten gegen 17.15 Uhr das Ladenlokal. Sie bedrohten mit den Waffen die Angestellten und die Zeugen und nahmen Geld aus der Kasse und Schmuckgegenstände aus den Vitrinen an sich. Schließlich wurden die drei Angestellten aufgefordert bis hundert zu zählen, während die Täter mit der Beute, die sie in zwei Rucksäcke gepackt hatten, zu Fuß vom Tatort flohen.

Nachdem sie ihre Maskierung unter einer Garage versteckt hatten, rief der Angekl. I. C. seinen Bruder A. C. mit dem Mobiltelefon des Angekl. L. an und forderte ihn auf, ihn und seine Begleiter mit dem Auto an einem Treffpunkt in der Stadt abzuholen. Erst als A. C. die drei Täter aufnahm, erfuhr er davon, dass diese gerade ein Juweliergeschäft überfallen hatten. Die vier Angekl. fuhren dann in Richtung Bahnhof davon, hielten unter einer Brücke an, wo I. C. und Ce. die Beute versteckten, und fuhren schließlich zu einem Dönerlokal. Nach einiger Zeit holte A. C. die Rucksäcke mit der Beute des Raubüberfalls aus dem Versteck und brachte sie zur Wohnung der Familie C., wo die Beute aufgeteilt wurde.

 

Das LG hatte den Angekl. A. C., der nicht von der Bewaffnung der Täter erfahren hatte, wegen Beihilfe zum Raub verurteilt. Die Haupttat sei zur Zeit seiner Unterstützungs­handlung noch nicht beendet gewesen, weil die Beute erst nach der Aufnahme der Haupttäter mit dem Fahrzeug in Kenntnis der bereits begonnenen Polizeifahndung durch Streifenwagen im Stadtgebiet versteckt wurde.

 Aus den Gründen:

 „Die Annahme des Landgerichts, die Haupttat sei zurzeit der Unterstützungs­handlung des Angekl. A. C. noch nicht beendet gewesen, so dass sukzessive Beihilfe noch möglich gewesen sei, wird von den Feststellungen nicht getragen. Danach hatten die Haupttäter bereits den Tatort mit der Beute verlassen und ihre Maskierung unter einer Garage versteckt, als der Angekl. A. C. mit seinem Fahrzeug herbeigerufen wurde, der sodann die Haupttäter an einem Treffpunkt aufnahm und erst dabei von dem Überfall erfuhr. Zu diesem Zeitpunkt war der Raub aber (…) bereits beendet.“ (Rn. 27)

 „Ein Raub ist beendet, wenn der Täter ausreichend sichere Verfügungs­gewalt über die Beute erlangt hat. Es hängt von den Umständen des Einzelfalles ab, wann dies anzunehmen ist. Hier war schon nach dem Entfernen der Täter vom Tatort und dem Verstecken der Maskierung eine erste Sicherung erfolgt. Eine direkte Verfolgung der Täter durch die Polizeistreifen, die alsbald nach der Tat mit der Fahndung im Stadt-gebiet begonnen hatten, ist den Feststellungen nicht zu entnehmen.

Danach stellt sich die Handlung des Angekl. A. C. als sachliche Begünstigung der Täter gemäß § 257 Abs. 1 StGB dar.“ (Rn. 28)

 Der Senat konnte darüber jedoch nicht selbst entscheiden, weil ergänzende Feststellungen nicht ausgeschlossen erschienen und der Angekl. A. C. noch Gelegenheit zur Verteidigung gegen einen anders lautenden Vorwurf erhalten müsse (§ 265 Abs. 1 StPO). (Rn. 29)

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