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BGH, Beschl. v. 30.08.2016 – 4 StR 153/16: Computer­betrug durch Manipulation von Geldspielautomaten

Sachverhalt:

2013 entschlossen sich der Angeklagte A. und C., der Geschäftsführer und Anteilseigner einer Geldgewinnspielgeräte-GmbH, in den Spielcasinos der Fa. L. GmbH aufgestellte Geldgewinnspielgeräte durch Veränderung an der Software zu manipulieren, um sich auf diese Weise zu bereichern. Hierzu entwickelte der Angeklagte P. zum einen sog. „Aufbuchkarten“ („Aufbuchdongel“), mittels derer die Gerätesoftware so beeinflusst wurde, dass dem jeweiligen „Spieler“ ohne zuvor den üblichen Spielbetrieb ausgelöst zu haben, Punkte gutgeschrieben wurden, die er sich anschließend ausbezahlen lassen konnte. Zum anderen brachte er in die Software eine sog. „Hintertür“ ein, wodurch das „Risikospiel“ derart verändert wurde, dass auf die vom Spieler auszuwählende und bei üblichem Spielbetrieb nicht vorhersehbare rote oder schwarze Kartenfarbe mehrmals erneut dieselbe Kartenfarbe erschien und bei deren Betätigung dem „Spieler“ Punkte unter Ausschaltung der normalen Gewinn- und Verlust­möglichkeiten gutgeschrieben wurden, die er sich anschließend ausbezahlen lassen konnte. Die vorhandene Originalkarte wurde für den Zeitraum des manipulierten „Spiels“ entnommen und durch eine Karte mit der veränderten Software ersetzt; sie wurde nachts, außerhalb der Öffnungs­zeiten der Spielcasinos, eingesetzt. Die „Hintertür“ wurde auf Karten mit der Originalsoftware eingefügt. Später wurde die Software auf einen USB-Stick („Dongel“) aufgespielt, der in das jeweilige Gerät eingesetzt wurde.

 Der BGH führt aus:

„Der Tatbestand des Computer­betruges (§ 263a StGB) orientiert sich konzeptionell am Tatbestand des Betruges, wobei an die Stelle der Täuschung die Tathandlungen des § 263a Abs. 1 StGB treten und mit der Irrtumserregung und dem ungeschriebenen Tatbestandsmerkmal der Vermögensverfügung die Beeinflussung des Ergebnisses eines – vermögenserheblichen – Datenverarbeitungs­vorgangs korrespondiert. (…) Das Ergebnis des Datenverarbeitungs­vorgangs ist beeinflusst, wenn es von dem Ergebnis abweicht, das bei einem ordnungs­gemäßen Programmablauf bzw. ohne die Tathandlung erzielt worden wäre.“ Durch die Manipulationen wurden sowohl in den Fällen der Verwendung der „Aufbuchkarten“/„Aufbuchdongel“ als auch in denen der Benutzung der „Hintertür“ die Ergebnisse der Datenverarbeitungs­vorgänge der Geldspielautomaten beeinflusst, denn der ordnungs­gemäße Programmablauf sah den Erwerb von in Geld einlösbaren Punkten ohne ein vorheriges Spiel mit einem entsprechenden Einsatz nicht vor.

Diese Beeinflussung erfolgte „durch unrichtige Gestaltung des Programms“. Eine solche Manipulation durch „Gestaltung des Programms“ umfasst sowohl das Neuschreiben ganzer Programme oder Programmteile als auch das Hinzufügen, das Verändern und das Löschen einzelner Programmablaufschritte, die Herstellung von Verzweigungen, welche Systemkontrollen umgehen, die Änderung von Bedingungen der Plausibilitäts­prüfung und den Einbau sonstiger falscher Funktionen. Sowohl die „Aufbuchkarten“ und „Aufbuchdongel“ als auch die „Hintertür“ griffen in das Programm der Geldspielautomaten ein, indem sie die „Arbeits­anweisungen“, wie die einzelnen Schritte der Datenverarbeitung ablaufen sollen, abänderten („Hintertür“) oder einfügten („Aufbuchungen“).

 Die Gestaltung des Programms durch die Manipulationen war jeweils auch „unrichtig“.

Es liegt auch kein tatbestandsausschließendes Einverständnis durch (…) C vor. Bei einer GmbH ist oberstes Willensorgan für die Regelung der inneren Angelegenheiten die Gesamtheit ihrer Gesellschafter.

Die Tathandlungen haben auch zu einem Vermögensschaden geführt. Der Vermögensschaden muss grundsätzlich zwar unmittelbar durch das Ergebnis des Datenverarbeitungs­vorgangs herbeigeführt worden sein, also ohne weitere Handlung des Täters oder eines Dritten. Unmittelbarkeit liegt aber auch vor, wenn das Ergebnis des Datenverarbeitungs­vorgangs ohne eigene Entscheidungs­befugnis und ohne inhaltliche Kontrolle von einer Person lediglich umgesetzt wird. Hier war zum einen war bereits mit der Gutschrift der Punkte eine zumindest schadensgleiche Vermögensgefährdung des Spielautomatenbetreibers eingetreten. Zum anderen war deren Einlösung lediglich die erfolgte Umsetzung des Ergebnisses des vorangegangenen – manipulierten – Datenverarbeitungs­vorgangs. Dieser Vermögensschaden ist in Höhe der „erspielten“ Geldbeträge eingetreten. Insofern verweist der Senat auf seine Entscheidungen zum Sportwettenbetrug. Danach finden die Grundsätze die zum sog. Quotenschaden entwickelt worden sind Anwendung, nach welchen ein Vermögensschaden bereits mit Abschluss des Wettvertrags eintritt (Eingehungs­betrug). Ist der Getäuschte ein Risikogeschäft eingegangen, kommt es für die Bestimmung des Schadens maßgeblich auf die täuschungs- und irrtumsbedingte Verlustgefahr an, die über die vertraglich zu Grunde gelegte hinausgeht.

Der Vermögensverlust der Fa.L.-GmbH liegt in Höhe der Differenz zwischen Spieleinsatz und Spielgewinn vor. Beim Einsatz der „Aufbuchkarten“ wurde kein Spieleinsatz getätigt. Daher hat die Strafkammer die ausbezahlten Beträge in voller Höhe als Schäden angesetzt.

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