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BGH, Beschl. v. 31.08.2016 – 4 StR 197/16: Zur Nachstellung gem. §238 StGB

Sachverhalt:

In der Nacht zum 7. April stieg der Angekl. A auf das Dach des Hauses, in dem die Nebenkl. N wohnte, deckte dieses teilweise ab und stieg in das Haus ein, wo er sich ins Schlafzimmer der N begab und diese wegen ihrer Männerkontakte zur Rede stellte, auf sie einschlug und dann ihr Handy nach möglichen Kontakten durchforstete. Schließlich drohte er, sie umzubringen, falls sie die Polizei anrufe und er „in den Knast müsse“. Aus Angst, A werde erneut in ihre Wohnung eindringen, sicherte N unter anderem die Wohnungs­tür mit einer Eisenstange und die Fenster mit Schlüsseln und einer Alarmanlage. Ferner beschaffte sie sich ein Pfefferspray und eine Schreckschusspistole und installierte auf ihrem Handy einen Notfallalarm. Am 25. April sandte A an den Arbeitgeber der N eine E-Mail, in der er bewusst wahrheitswidrig behauptete, N würde sich auf dessen Kosten „privat selbst bereichern“. Am 4. Mai verschaffte sich A erneut über das Dach Zugang zur Wohnung der N. Daraufhin gab N drei Schüsse aus der Schreckschusspistole ab, woraufhin A ihr seine Liebe schwor und mitteilte, dass er eigentlich vorgehabt habe, sie dazu zu bringen, dass sie sich die Pulsadern aufschneide. Aufgrund des Verhaltens des A hielt sich N „längere Zeit“ nicht zu Hause auf, zog zu Bekannten und betrat ihre Wohnung „zunächst“ nur noch in Begleitung. Am 25. September desselben Jahres heiratete N den A.

Der BGH führt aus:
Dem Begriff der Beharrlichkeit i.S.d. § 238 I StGB wohnen sowohl objektive Momente (Zeit) als auch subjektive und normative Elemente (Uneinsichtigkeit und Rechts­feindlichkeit) inne; er ist nicht bereits bei bloßer Wiederholung erfüllt.
„Erforderlich ist vielmehr, dass der Täter aus Missachtung des entgegenstehenden Willens oder aus Gleichgültigkeit gegenüber den Wünschen des Opfers mit der Absicht handelt, sich auch in Zukunft immer wieder entsprechend zu verhalten. Der Beharrlichkeit ist immanent, dass der Täter uneinsichtig auf seinem Standpunkt besteht und zäh an seinem Entschluss festhält, obwohl ihm die entgegenstehenden Interessen des Opfers bekannt sind. Die erforderliche ablehnende Haltung und gesteigerte Gleichgültigkeit gegenüber dem gesetzlichen Verbot manifestieren sich darin, dass der Täter den vom Opfer ausdrücklich oder schlüssig geäußerten entgegenstehenden Willen bewusst übergeht.“ (Rn. 14)

Greife der Täter mit seinen Handlungen besonders intensiv in die Rechte des Opfers ein, so können bereits wenige Vorfälle, unter Umständen auch eine einzige Wiederholung, die rechts­feindliche Gesinnung und Hartnäckigkeit belegen. Voraussetzung sei aber auch dann, dass die einzelnen Handlungen des Täters einen ausreichenden räumlichen und zeitlichen Zusammenhang aufweisen und von einem fortbestehenden einheitlichen Willen des Täters getragen sind.

Diese Voraussetzungen sieht der BGH im vorliegenden Fall nicht als gegeben an. A habe gehandelt, um N „zur Wiederaufnahme der Beziehung zu bringen“. Da A und N zwischenzeitlich einvernehmliche Kontakte gehabt haben, sei nicht davon auszugehen, dass A „mit einem fortbestehenden einheitlichen – nicht durch Aussöhnungen unter­brochenem und anschließend neu gefasstem – Willen handelte und uneinsichtig an einem von Anfang an eingenommenen Standpunkt und gefassten Entschluss festhielt, obwohl ihm die entgegenstehenden Interessen des Opfers bekannt waren.“ (Rn. 20)

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