Leitsatz: Für die raubspezifische Einheit von qualifizierter Nötigung und Wegnahme ist maßgeblich, ob es zu einer – vom Täter erkannten – nötigungsbedingten Schwächung des Gewahrsamsinhabers in seiner Verteidigungsfähigkeit oder -bereitschaft gekommen ist.
Sachverhalt:
Der Angekl. A besuchte seine Mutter M in deren Wohnung und fasste spätestens gegen 8:40 Uhr den Entschluss, ihr Bargeld, Schmuck und das Auto zu entwenden. Einen Widerstand der M gegen die Wegnahme wollte er von vornherein gewaltsam verhindern. Er bat sie die Augen zu schließen und versetzte ihr daraufhin mit einem stumpfen Gegenstand einen Schlag gegen den Kopf. M erlitt schwere Kopfverletzungen, verlor aber nicht das Bewusstsein, sondern war lediglich kurzzeitig benommen. A bemerkte, dass M zwar die Wunde an ihrem Kopf wahrgenommen, aber nicht realisiert hatte, dass er die Verletzung verursacht hatte. A verständigte den Rettungsdienst und erkannte die Möglichkeit, seinen Tatplan modifiziert doch noch zu verwirklichen. Er wollte nun den Krankenhausaufenthalt der M zur Vollendung der Tat nutzen. Um wieder in die Wohnung zu gelangen, steckte er ihren Schlüssel ein. Kurz nach Ms stationärer Aufnahme im Krankenhaus, begab sich A zur Wohnung zurück und entwendete Bargeld und Goldschmuck. Außerdem nahm er den Schlüssel zum Auto der M an sich, mit dem er wegfuhr.
Das LG hat A wegen eines vollendeten besonders schweren Raubes verurteilt.
Aus den Gründen:
Die Revision des A ist unbegründet. Allgemein führt der BGH aus: „Notwendige Voraussetzung für eine Strafbarkeit wegen Raubes ist nach st. Rspr. zunächst eine subjektiv-finale Verknüpfung zwischen dem Einsatz des qualifizierten Nötigungsmittels und der Wegnahme. Gewalt oder Drohung müssen aus Sicht des Täters das Mittel zur Ermöglichung der Wegnahme sein.“ (Rn. 8)
Eine solche subjektiv-finale Verknüpfung habe hier bestanden. Diese sei auch nicht „durch die Fehlvorstellung des Angekl. von der Wirkungsweise seiner Gewalthandlung, die zum Eintritt der Bewusstlosigkeit der Gesch. führen sollte, (…) aufgehoben worden. Aufgrund der von ihm verübten Gewalt und der hierdurch bewirkten schweren Verletzungen, die eine Krankenhausbehandlung erforderten, war die Gesch. nicht mehr in der Lage, sich dem Gewahrsamsbruch zu widersetzen. Diesen führte der Angekl. bei ununterbrochen fortbestehendem Wegnahmevorsatz nachfolgend durch. Die Abweichung des tatsächlichen vom vorgestellten Finalverlauf ist deshalb unerheblich. Sie hat sich noch innerhalb der Grenzen des nach allgemeiner Lebenserfahrung Voraussehbaren gehalten (…).“ (Rn. 9)
Darüber hinaus müssen Nötigungshandlung und Wegnahme in einem zeitlichen und örtlichen Zusammenhang stehen. „Für diesen Zusammenhang ist allerdings nicht erforderlich, dass der Ort der Nötigungshandlung und der Ort des Gewahrsamsbruchs identisch sind. Auch lassen sich verbindliche Werte zu einem zeitlichen Höchstmaß zwischen Einsatz des Nötigungsmittels und Wegnahme nicht benennen. Vielmehr entscheiden die Umstände des Einzelfalls. Maßgeblich für die raubspezifische Einheit von qualifizierter Nötigung und Wegnahme ist vielmehr, ob es zu einer – vom Täter erkannten – nötigungsbedingten Schwächung des Gewahrsamsinhabers in seiner Verteidigungsfähigkeit oder -bereitschaft gekommen ist.“ (Rn. 10)
Hier: „Mit der nötigungsbedingten Beseitigung der Fähigkeit der Gesch., die in ihrer Gewahrsamssphäre befindlichen Wertsachen zu verteidigen, hat (…) ein raubspezifischer Zusammenhang zwischen der Gewalthandlung des Angekl. und seiner nachfolgenden Wegnahme der Tatobjekte vorgelegen. (…) Mit der Einlieferung ins Krankenhaus erlangte er nach seiner Vorstellung erst den ungehinderten Zugriff auf die Wertsachen in der Wohnung seiner Mutter. Dabei betrug (…) die zeitliche Differenz zwischen der Gewaltanwendung und den Wegnahmehandlungen jedenfalls nicht mehr als zwei Stunden.“ (Rn. 11)