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BGH, Urt. v. 02.02.2016 – 1 StR 437/15: Betrug bei Darlehensbeantragung und bei Grundstückskauf mit Maklerbeteiligung

Sachverhalt:

Im Juli 2008 entschlossen sich A und seine Mutter P ein Mehrfamilienhaus von L zum Preis von 1,7 Mio. EUR (tatsächlicher Wert: 772.000 EUR) zu erwerben. Schon vor Abschluss des Kaufvertrages war ihnen bekannt, dass sie aufgrund ihrer finanz­iellen Situation zu einer Bezahlung oder Finanzierung des Kaufpreises nicht in der Lage waren. Um das Objekt zu finanz­ieren, begab sich A zur Bank B und beantragte in Vertretung von P ein Darlehen. Er legte  zur Täuschung über die Bonität das gefälschte „Gesamtengagement“ vor, welches ein Gesamtvermögen von P in Höhe von 2,1 Mio. bescheinigte. B vertraute aufgrund der Unterlagen auf die Kreditwürdigkeit und gewährte ein Darlehen über 800.000 EUR, welches direkt an L ausbezahlt wurde. Als Sicherheit wurde eine zweitrangige Grundschuld auf das zuvor von L erworbene Grundstück eingetragen. An erster Rangstelle stand eine Grundschuld in Höhe von 767.000 EUR.

Im August 2011 schloss A über den Makler M mit dem Eigentümer G einen Kaufvertrag über ein weiteres Grundstück zu einem Kaufpreis von 800.000 EUR. Hierbei wurde vereinbart, dass er 28.560 EUR als Provision an M zahlen sollte. Da der Kaufpreis von A nicht an G bezahlt wurde, wurde der Vertrag später rückabgewickelt. Eine Zahlung der Maklerprovision erfolgte nicht.

Das LG verurteilte A wegen (Eingehungs-)Betruges zum Nachteil der F in vier Fällen nach § 263 StGB sowie wegen Betruges zum Nachteil der B in Mittäterschaft nach §§ 263, 25 II StGB und wegen Betruges an M nach § 263 StGB (Rn. 23). Der BGH hob die Verurteilungen aufgrund des Betruges zum Nachteil der B auf.

Aus den Gründen:

Zum Betrug zum Nachteil der B führte der BGH aus: Den Ausführungen des LG ist nicht zu entnehmen, ob ein Vermögensschaden entstanden ist und ob ggf. der Angeklagte mit Vorsatz handelte (Rn. 29).

Ob die Darlehensgewährung einen Vermögensschaden bewirkt, ist durch einen Wertvergleich mit dem Rückzahlungs­anspruch des Darlehensgläubigers im Zeitpunkt der Darlehenshingabe zu ermitteln. „Die Werthaltigkeit des Rückzahlungs­anspruchs wird dabei durch die Bonität des Schuldners und den Wert der bestellten Sicherheiten bestimmt. Ein Schaden entsteht daher nur, wenn die vorgespiegelte Rückzahlungs­möglichkeit nicht besteht und auch gegebene Sicherheiten wertlos oder minderwertig sind.“ (Rn. 33)

„Auch bei einer eingeschränkten oder fehlenden finanz­iellen Leistungs­fähigkeit des Schuldners entsteht demnach kein Schaden, wenn und soweit der getäuschte Gläubiger über werthaltige Sicherheiten verfügt, die sein Ausfallrisiko abdecken und […] realisierbar sind.“ (Rn. 34)

Es kann nicht festgestellt werden, ob und in welchem Umfang die [zweitrangige] Grundschuld werthaltig war, denn das Landgericht traf keine Feststellungen inwiefern die [erstrangige] Grundschuld zur Absicherung welcher Forderungen (noch) valutiert war (Rn. 37).

Den Urteilsgründen ist ebenfalls nicht zu entnehmen, ob der Angeklagte hinsichtlich des Vermögensschadens bei B vorsätzlich i.S. des § 16 StGB handelte, da unklar ist, ob A von einem Grundstückswert von 1,7 Mio. EUR ausging oder von 772.000 EUR. Bei einem Verkehrs­wert von 1,7 Mio. EUR wäre die Forderung auch durch die zweitrangige Grundschuld jedenfalls auch bei Valutierung der erstrangigen Grundschuld voll abgesichert gewesen (Rn. 38).

Zum Betrug zum Nachteil des M führte der BGH aus:

Anwartschaften sind nur dann von § 263 StGB geschützt, wenn sie sich zu einem Anwartschafts­recht oder Rechts­anspruch verdichtet haben. Dies ist bei der Vermittlungs­tätigkeit eines Maklers der Fall, auch wenn der Vergütungs­anspruch nach § 652 BGB erst mit Abschluss des Vertrages über das vermittelte Objekt entsteht.

Bereits mit Abschluss des Maklervertrages „besteht für den Makler eine rechtlich geschützte Anwartschaft auf den Vergütungs­anspruch, den er sodann durch die von ihm ausgeübte Tätigkeit verdient, wenngleich er ihn erst endgültig mit dem Eintritt des Erfolges, nämlich dem Abschluss des Vertrages über das vermittelte oder nachgewiesene Objekt, erwirbt (Rn. 52).

 Ein späterer Rücktritt vom Vertrag lässt die Provisionspflicht unberührt, wenn nicht im Hauptvertrag ein zeitlich befristetes und an keine Voraussetzungen gebundenes Rücktrittsrecht vereinbart wurde (Rn. 54).

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BGH, Urteil v. 02.02.2016 – 1 StR 437/15:V