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BGH, Beschl. v. 16.11.2017 – 2 StR 154/17: Zum Gewahrsamsbruch bei ordnungs­gemäßer Bedienung eines Geldautomaten und zur Abgrenzung von Raub und räuberischer Erpressung

Sachverhalt:

Der Angeklagte A begab sich in die Filiale der C-Bank. Auch der Geschädigte B betrat die Bankfiliale, um am Bankautomaten Geld abzuheben. Nachdem B seine Bankkarte in den Automaten eingeschoben und seine Geheimnummer eingegeben hatte, stieß ihn A von dem Automaten weg, gab einen Auszahlungs­betrag von 500 € ein und entnahm das Bargeld.

Aus den Gründen:

Die rechtliche Würdigung des LG, A habe sich wegen räuberischer Erpressung strafbar gemacht, hält rechtlicher Nach­prüfung stand.

Eine Verurteilung wegen Raubes gemäß § 249 I scheidet aus. Die Bank richtet ihr Über­eignungs­angebot nur an den Kontoinhaber und gerade nicht an einen unberechtigten Benutzer der Bankkarte. Die C-Bank blieb daher Eigentümerin der Geldscheine, sodass es sich hierbei um eine fremde bewegliche Sache handelte.

Der Raubtatbestand setzt allerdings auch die Wegnahme der fremden Geldscheine voraus, also den Bruch fremden und die Begründung neuen Gewahrsams. „Ein Bruch des fremden Gewahrsams liegt aber nur vor, wenn der Gewahrsam gegen oder ohne den Willen des Inhabers aufgehoben wird. Dies war bei der Herausnahme der Geldscheine durch [A] aus dem Geldausgabefach des Automaten nicht der Fall. Wird der Gelautomat technisch ordnungs­gemäß bedient, erfolgt die tatsächliche Ausgabe des Geldes mit dem Willen des Geldinstituts. Dessen Gewahrsam wird nicht gebrochen (…). Insoweit ist der tatsächliche Vorgang der Gewahrsamspreisgabe auch von dem rechts­geschäftlichen Angebot an den Kontoinhaber auf Über­eignung zu unter­scheiden (…).“ (Rn. 12)

A hat sich allerdings wegen räuberischer Erpressung gemäß §§ 253 I, II, 255 strafbar gemacht. „Eine räuberische Erpressung begeht, wer rechts­widrig mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben zu einer Handlung, Duldung oder Unter­lassung nötigt und dadurch dem Vermögen des Genötigten oder eines anderen Nachteil zufügt um sich oder einen Dritten zu Unrecht zu bereichern. Auf eine Vermögensverfügung des Geschädigten kommt es als Nötigungs­erfolg nicht an (…).“ (Rn. 15) Indem A den B vom Geldautomaten weggestoßen hat, wendete er Gewalt an. „Dadurch hat er diesen gezwungen, die Eingabe des Auszahlungs­betrages in den Geldautomaten und die Herausnahme der dem Zeugen zur Über­eignung angebotenen Geldscheine zu dulden. [B] hat dabei einen Vermögensschaden erlitten; denn einerseits wurde sein Konto automatisch mit dem Ausgabebetrag belastet, andererseits hat er die ihm von der Sparkasse zur Über­eignung angebotenen Geldscheine nicht erhalten.“ (Rn. 16)

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