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BGH, Beschl. v. 20.06.2017 – 2 StR 130/17: Zum gefahr­spezifischen Zusammenhang bei § 251

Der besondere Zusammenhang zwischen der Handlung und der Erfolgs­qualifikation ist dann gegeben, wenn sich in der Todesfolge die der konkreten Raubtat eigentümliche besondere Gefährlichkeit verwirklicht.

Sachverhalt:

Der Angekl. A betrat den Verkaufsraum einer Salatbar und beabsichtigte, in den seines Erachtens leeren Räumlichkeiten nach stehlenswerten Gegenständen zu suchen. Tatsächlich befand sich aber G im Laden. A fasste nun den Entschluss, G zur Herausgabe von Geld zu zwingen. Er griff G an den Hals und forderte sie – mit einem Messer drohend – auf, ihm Geld zu geben. G begann hierauf zu schreien, so dass A nun den Entschluss fasste, sie zum Schweigen zu bringen. A stach mehrmals auf sie ein und brachte die schwer verletzte G in den Kühlraum. Als er anschließend Richtung Ausgang ging, fiel sein Blick auf zwei Taschen im Verkaufs­bereich. In der Absicht, die Taschen der G dauerhaft zu entziehen und deren Inhalt seinem Vermögen einzuverleiben, nahm er diese an sich. G verstarb noch am Tatort. Das LG hat A wegen versuchter besonders schwerer räuberische Erpressung, Mord und Diebstahl in Tatmehrheit verurteilt.

Aus den Gründen:

Die Wertung des LG ist unter sachlich-rechtlichen Gesichtspunkten zu beanstanden, da hier (auch) eine versuchte räuberische Erpressung mit Todesfolge (§ 251) anzunehmen war. Der für § 251 erforderliche qualifikations­spezifische Zusammenhang ist nicht nur gegeben, „wenn der Täter durch die Nötigungs­handlung, die der Ermöglichung der Wegnahme dient, den Tod des Opfers herbeiführt. Bei einer auf den Zweck der Vorschrift (…) abstellenden Betrachtungs­weise ist der besondere Zusammenhang auch dann gegeben, wenn die den Tod des Opfers herbeiführende Handlung zwar nicht mehr in finaler Verknüpfung mit der Wegnahme steht, sie mit dem Raubgeschehen aber derart eng verbunden ist, dass sich in der Todesfolge die der konkreten Raubtat eigentümliche besondere Gefährlichkeit verwirklicht (…).Demzufolge kann der Tatbestand des § 251 StGB auch dann gegeben sein, wenn der Täter die zum Tode führende Gewalt nicht mehr zur Ermöglichung der Wegnahme, sondern zur Flucht oder Beutesicherung anwendet, sofern sich in der schweren Folge noch die spezifische Gefahr des Raubes realisiert, und der Raub bzw. die räuberische Erpressung noch nicht beendet war (…).“ (Rn. 11)

Der Gefahrzusammenhang war hier gegeben: „Zwar waren die tödlichen Messerstiche (…) nicht mehr vom Willen getragen, das Tatopfer zur Herausgabe von Geld zu nötigen, sondern dienten nur noch dazu, dieses zum Schweigen zu bringen und dadurch eine Entdeckung der Tat zu verhindern. Es gehört jedoch stets zu den sich aufdrängenden deliktstypischen Risiken, dass das Opfer einer unter Verwendung eines Messers begangenen räuberischen Erpressung vor Entsetzen schreit, und der Täter das Messer daraufhin in tödlicher Weise gegen das Opfer einsetzt, um eine Entdeckung der Tat zu verhindern. Zudem war hier die Anwendung der tödlichen Gewalt so eng mit der eigentlichen räuberischen Erpressung verknüpft, dass der Unrechts­gehalt der Tat nicht in adäquater Weise erfasst wäre, wollte man den besonderen Kausalzusammenhang der schweren Folge verneinen. Denn [A] hat die unmittelbar zuvor angedrohte Gewalt mit der Tötungs­handlung unter Einsatz des zuvor vorgehaltenen Messers (…) umgesetzt, wobei die Tathandlungen der versuchten schweren räuberischen Erpressung und der Tötungs­handlung zeitlich und räumlich fließend ineinander übergingen.“

Der Mord in Verdeckungs­absicht steht zur versuchten (schweren) räuberischen Erpressung mit Todesfolge in Tateinheit. Hinsichtlich der Wegnahme der Taschen verbleibt es bei einem tatmehrheitlich begangenen Diebstahl.

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