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BGH, Beschl. v. 3.11.2017 – 3 StR 371/17: Zum Vermögensschaden beim Finanzierungs­leasing

Sachverhalt:

Der Angeklagte A betrieb alleine die P-GmbH (im Folgenden: P), die sich unter anderem mit dem Vertrieb, der Einrichtung und der Wartung von Telefonanlagen befasste. Da die P seit einigen in wirtschaft­lichen Schwierigkeiten war, entschloss sich A dazu, Kunden, denen er bereits eine geleaste Telefonanlage geliefert hatte, anzubieten, die Anlage über einen neuen Leasingvertrag „umzufinanz­ieren“. Durch die Zahlung einer Pauschale sollten alle Kosten des Leasings abgegolten sein. Die Kunden waren zum Abschluss dieser für sie günstigeren Verträge bereit. A beantragte daraufhin bei neuen Leasing­gesellschaften eine Finanzierung für eine angeblich komplett neu zu liefernde Anlage an den jeweiligen Kunden. A sollte von den Leasing­gesellschaften den „Kaufpreis“ über die von ihm gelieferten Geräte erhalten, nachdem er den Nachweis über die Lieferungen der Anlage an die Kunden erbracht hatte. A lieferte an seine Kunden jedoch keine Neugeräte, sondern ließ unter dem Vorwand, Voraussetzung für die „Umschuldung“ sei die schriftliche Bestätigung der Über­nahme der (Alt-)Anlage, von den Kunden Über­nahmebestätigungen unter­zeichnen, die A bei den Leasing­gesellschaften einreichte. Die P erhielt daraufhin den gesamten Kaufpreis ausgezahlt. Die Leasing­gesellschaften gingen irrtümlich davon aus, A habe an die Kunden eine neue Telefonanlage geliefert, die sie finanz­ieren wollten und hinsichtlich derer sie zur Sicherung der Ansprüche aus den jeweiligen Leasingverträgen Eigentum erworben hätten.

 Der BGH nahm an, A habe sich wegen Betrugs gegenüber und zulasten der Leasing­gesellschaften strafbar gemacht.

Aus den Gründen:

 Indem A die Finanzierung für eine neu zu liefernde Anlage beantragte und später die Über­nahme­bescheinigungen für die Anlagen vorlegte, täuschte er die handelnden Personen bei den Leasing­gesellschaften über die tatsächlich mit seinen Kunden getroffenen abweichenden Vereinbarungen. Die getäuschten Leasinggeber gingen deshalb irrtümlich von der Lieferung neuer Anlagen aus, an denen sie nach Leistung der Kaufpreiszahlung an A Eigentum erwerben würden. Aufgrund dieses Irrtums verfügten sie über ihr Vermögen, indem sie die in Rechnung gestellten Kaufpreise für die vermeintlich neuen Anlagen an die P zahlten.

Aufgrund der Zahlungen an A entstand bei den Leasing­gesellschaften ein Schaden in Höhe der jeweils gezahlten Kaufpreise, denn sie erhielten die dafür vorgesehene Gegenleistung – das Eigentum an den Anlagen – nicht, weil A ihnen dieses nicht verschaffen konnte: Es wurden keine neuen Anlagen geliefert, an denen das Eigentum hätte übertragen werden können. Etwaige von den Kunden geleistete Leasingraten waren nicht zu berücksichtigen. Zwar sind bei einem Betrug, bei dem der Geschädigte zum Abschluss eines Vertrags verleitet wird, bei der für die Schadens­bestimmung erforderlichen Gesamtsaldierung der Geldwert des erworbenen Anspruchs gegen den Vertrags­partner und der Geldwert der eingegangenen Verpflichtung miteinander zu vergleichen. Bei diesem Vergleich haben hier aber die von den Leasing­gesellschaften gegen die jeweiligen Leasingnehmer erworbenen Ansprüche aus den Leasingverträgen außer Betracht zu bleiben. Der Umstand, dass es sich bei den vorliegenden Leasing- und Kaufgeschäften um wirtschaft­lich und rechtlich aufeinander bezogene Geschäfte handelte, führt zu keiner anderen Bewertung: Zwischen der P, den Leasing­gesellschaften und den Kunden bestand durch die jeweiligen Vertragsschlüsse ein leasingtypisches Dreiecks­verhältnis mit zwei verschiedenen Leistungs­beziehungen. Dies ist auch bei der strafrechtlichen Beurteilung zu beachten. In dem Leistungs­verhältnis zwischen der P und den Leasing­gesellschaften hat letztere für die Bezahlung des Kaufpreises von der P keine Gegenleistung erhalten, weil ihnen das geschuldete Eigentum nicht übertragen wurde.

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