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LG Hagen, Urt. v. 03.07.2017 – 46 KLs 25/16: Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort

Unfallbeteiligter ist gem. § 142 V StGB jeder, dessen Verhalten zur Verursachung des Unfalls beigetragen haben kann. Als Täter kommt jeder in Betracht, der, sei es auch zu Unrecht, in den – nicht ganz unbegründeten – Verdacht gerät, den Unfall verursacht oder mitverursacht zu haben.

Sachverhalt:

Die Angekl. A und B beschleunigten ihre Fahrzeuge parallel an einer Ampel und fuhren mit 80 km/h auf eine Kurve zu. Zu diesem Zeitpunkt fuhr X aus einer Parkbucht am rechten Fahrbahnrand in Fahrtrichtung von A und B. Um eine Kollision zu vermeiden sah sich A, der auf der rechten Fahrspur fuhr, gezwungen, etwas auf die linke Fahrspur auszuweichen. Aufgrund einer Schreckreaktion des B „verriss“ dieser sein Lenkrad nach links in Richtung der Gegenfahrbahn. Hierdurch verursachte er mehrere Unfällen mit Sach- und Personenschäden. A stellte daraufhin seinen PKW am Straßenrand ab und eilte fußläufig zurück zur Unfallstelle. Wiederholt suchte er Kontakt zu den zur Unfallaufnahme erschienenen Polizeibeamten. Diesen ggü. gab er in dem Bewusstsein seiner eigenen Unfallbeteiligung an, dass er den Unfall als am Fahrbahnrand befindlicher Fußgänger beobachtet habe: Ein Audi sei mit adäquater Geschwindigkeit auf dem
rechten Fahrstreifen gefahren. Aufgrund eines vom Fahrbahnrand anfahrenden PKWs, habe der Audi leicht nach links fahren müssen. Dadurch habe vermutlich der Fahrer eines mit ca. 120 km/h links parallel zu dem Audi fahrenden PKW das Lenkrad „verrissen“. Einige Zeit später verließ A den Unfallort und ging zu Fuß zur Wohnung seiner Eltern. Er hatte bis zu dem Zeitpunkt niemandem vor Ort mitgeteilt, dass er der Fahrer des Audi war.

 Aus den Gründen:

A und B haben sich wegen fahrlässiger Körperverletzung gem. § 229 StGB strafbar gemacht. Eine Strafbarkeit nach § 315c I Nr. 2d StGB scheidet hingegen aus. Voraussetzung hierfür ist, dass die konkrete Gefahr Folge der Tathandlung ist. Sie muss ihren Grund gerade in der im Gesetz typisierten Verhaltensweise haben und darf nicht nur gelegentlich eines solchen Verhaltens eintreten. Die Kollisionen sind jedoch allein auf das Fahrmanöver der X zurückzuführen, nicht auf das zu schnelle Fahren von A und B.

A hat sich außerdem gem. § 142 I Nr. 1 StGB strafbar gemacht, indem er sich als Unfallbeteiligter nach einem Unfall im Straßenverkehr vom Unfallort entfernt hat, „bevor er zugunsten der anderen Unfallbeteiligten und Geschädigten die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung durch seine Anwesenheit und durch die Angabe, dass er an dem Unfall beteiligt ist, ermöglicht hat.“ (Rn. 174)

„Gemäß § 142 Abs. 5 StGB ist Unfallbeteiligter jeder, dessen Verhalten nach den Umständen zur Verursachung des Unfalls beigetragen haben kann. Nach h.M. genügt insofern eine nicht fernliegende Möglichkeit (…). Deshalb kommt als Täter jeder in Betracht, der, sei es auch zu Unrecht, in den – nicht ganz unbegründeten – Verdacht gerät, den Unfall verursacht oder mitverursacht zu haben.“ (Rn. 176) A war hier als Teil der zum Unfall führenden Kettenreaktion kausal an der Unfallentstehung beteiligt.

„Der Unfallort iSd § 142 StGB ist die Stelle, an der sich der Unfall ereignet hat, samt der unmittelbaren Umgebung und eines in unmittelbarer Nähe gelegenen, nicht verkehrs­gefährdeten Platzes. Der Radius des Unfallortes hängt von den tatsächlichen Umständen ab; er ist eher eng als weit zu ziehen.“ (Rn. 178) „Ein Unfallbeteiligter entfernt sich vom Unfallort, wenn er den Unfall­bereich so weit verlässt, dass er seine Pflicht, einem Berechtigten seine Unfallbeteiligung zu offenbaren, nicht mehr erfüllen kann oder sich außerhalb des Bereichs befindet, in dem feststellungs­bereite Personen den Wartepflichtigen vermuten und ggf. durch Befragen ermitteln würden. (…) Vorliegend hat A durch die Behauptung am Unfallort, er habe den Unfall als Fußgänger beobachtet, seine Unfallbeteiligung in Abrede gestellt. Zwar sind Falschangaben am Unfallort an sich nicht strafbar. Im Sinne von § 142 I Nr. 1 StGB „entfernen“ darf sich jedoch nur derjenige, der die Feststellungen ermöglicht, Tatsachen also nicht verdunkelt hat (…).“ (Rn. 179)

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