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BGH, Beschl. v. 10.10.2018 – 4 StR 591/17: Zur Zueignungs­absicht beim Entwenden von Pfandleergut

Leitsatz: Zur Zueignungs­absicht beim Diebstahl, wenn der Täter Pfandleergut entwendet, um es gegen Auskehrung des Pfandbetrages in das Pfand­system zurückzugeben.

Zueignungs­absicht ist in diesen Fällen nur zu bejahen, wenn sich der Täter die Sache selbst zueignen will, d.h. wenn der Täter die Flaschen unter Leugnung des Eigentumsrechts des wahren Eigentümers in das Pfand­system zurückgelangen lassen will. Zu beachten ist, ob es sich dabei und Einheits- oder Individualflaschen handelt.

Sachverhalt: Der Angekl. A gelangte durch ein Loch in einem Zaun auf das Gelände des Getränkehandels M. Dort entwendete er zahlreiche zusammengepresste Plastikpfandflaschen sowie einen Kasten mit Glaspfandflaschen. Um dafür Pfand zu erhalten, beabsichtigte A die gepressten Plastikflaschen auszubeulen und das gesamte Pfandleergut nochmals abzugeben. Das LG hat A wegen Diebstahls gem. § 242 StGB verurteilt.

Aus den Gründen:
Die Verurteilung wegen Diebstahls ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.

Zu den Eigentums­verhältnissen an den Flaschen führt der BGH aus: „Für die Eigentums­verhältnisse an der jeweiligen Pfandflasche (nicht an ihrem Inhalt) auf den verschiedenen Vetriebsstufen des Pfand­systems bis hin zum Endverbraucher ist deren konkrete Beschaffenheit maßgeblich. Ist die Flasche mit besonderen, dauerhaften Kennzeichnungen versehen, die sie als Eigentümer eines bestimmten Herstellers/Abfüllers ausweist (sog. Individualflasche), verbleibt das Eigentum an ihr, unabhängig vom Eigentumsübergang an dem veräußerten Getränk, beim Hersteller/Abfüller. Mangels zivilrechtlicher Einigung findet deshalb ein Eigentumsübergang (…) nicht statt. Weist die Flasche solche individuellen Merkmale nicht auf, wird sie vielmehr von unbestimmt vielen Herstellern verwendet (sog. Einheitsflasche), geht das Eigentum am Inhalt und der Flasche selbst (...) auf allen Vertriebsstufen auf den jeweils nächsten Erwerber über.“ (Rn. 7)
„Danach waren die entwendeten Flaschen für A fremd. Denn das hier in Rede stehende Pfandleergut stand entweder nach wie vor im Eigentum des Herstellers/Abfüllers – oder soweit Einheitsleergut betroffen war – im Eigentum des letzten Erwerbs.“ (Rn. 8)

A handelte auch in der Absicht, sich das Pfandleergut rechts­widrig zuzueignen: Nach ständiger Rspr. des BGH „setzt Zueignung voraus, dass entweder die Sache selbst oder der in ihr verkörperte Wert dem Vermögen des Berechtigten dauerhaft entzogen und dem des Nichtberechtigten zumindest vorübergehend einverleibt wird (…). Sachwert im Sinne dieser Theorie ist nur der nach Art und Funktion mit der Sache verbundene Wert, während der erzielbare Veräußerungs­erlös an der Sache vom Begriff des Sachwerts nicht erfasst wird.“ (Rn. 11) „Hiervon ausgehend liegt eine Zueignung des Sachwerts nicht vor, wenn der Täter beabsichtigt, das entwendete Pfandgut gegen Entgelt in das Pfand­system zurückzuführen. Denn das Pfandgeld ist nicht der unmittelbar im Pfandgut verkörperte Wert. Es dient vielmehr lediglich als Anreiz zur Rückgabe der Pfandflasche (…).“ (Rn. 12)

„Diebstahl kommt in diesen Fällen nur in Betracht, wenn sich der Täter die Sache selbst zueignen will. Dies setzt voraus, dass der Täter die Flaschen unter Leugnung des Eigentumsrechts des wahren Eigentümers in das Pfand­system, das insoweit einer Rücknahmepflicht unter­liegt, zurückgelangen lassen will (…). Hierfür maßgeblich ist die Vorstellung des Täters über die Eigentums­verhältnisse (…).“ (Rn. 12, 13)

„Bei der Wegnahme von Einheitsflaschen ist Zueignungs­absicht zu bejahen, wenn der Täter bei zutreffender Einschätzung der Eigentumslage in der Absicht handelt, das dem Eigentümer entwendete Pfandleergut gegen Erstattung des Pfandbetrages in das Pfand­system zurückzugeben. In diesem Fall beabsichtigt er, sich wie ein Eigentümer des Pfandleerguts zu gerieren und die Eigentümerstellung des wahren Eigentümers zu leugnen.“ (Rn. 14)

„Bei der Wegnahme von Individualflaschen kann es sich anders verhalten. Zueignungs­absicht liegt nicht vor, wenn der Täter – was die Ausnahme sein dürfte – die Eigentumslage richtig einschätzt und durch die Rückgabe der Individualflaschen das Eigentumsrecht des Herstellers nicht leugnen will (…). Geht der Täter (…) indes davon aus, dass das Eigentum auch bei Individualflaschen im Vertriebsweg auf den jeweiligen Erwerber der Getränke übergeht, handelt er (…) mit der für einen Diebstahl erforderlichen Zueignungs­absicht. Nach seiner Vorstellung will er auch in diesem Fall den (vermeintlichen) Eigentümer enteignen und beabsichtigt (…) sich selbst an die Stelle des wahren Eigentümers zu setzen.“ (Rn. 15, 16)

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