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BGH, Beschl. v. 16.08.2018 – 1 StR 172/18: HU-Prüfplakette als zusammengesetzte öffentliche Urkunde

„Der Begriff der öffentlichen Urkunde im Sinne von § 348 StGB umfasst nur solche Urkunden, die bestimmt und geeignet sind, Beweis für und gegen jedermann zu erbringen.“ Erfasst sind „nur diejenigen Erklärungen, Verhandlungen und Tatsachen, auf die sich der öffentliche Glaube, d.h. die volle Beweis­wirkung für und gegen jedermann, erstreckt. (…) Wesentliche Kriterien zur Bestimmung der Reichweite des öffentlichen Glaubens sind dabei neben dem Beurkundungs­inhalt als solchem das Verfahren und die Umstände des Beurkundungs­vorgangs sowie die Möglichkeit des die Bescheinigung ausstellenden Amtsträgers, die Richtigkeit der Beurkundung zu überprüfen; auch ist die Anschauung des Rechts­verkehrs zu beachten (…).“ (Rn. 7)

„Die HU-Prüfplakette stellt in Verbindung mit dem amtlich zugelassenen Kennzeichen und der entsprechenden Eintragung in der Zulassungs­bescheinigung Teil I eine (zusammengesetzte) öffentliche Urkunde dar (…).“ (Rn. 8)

„Dass die Prüfplakette den Nachweis über den Termin der nächsten Haupt­untersuchung erbringt, ergibt sich schon aus ihrem optischen Erklärungs­wert. Daneben – und in unmittelbarem Zusammenhang damit stehend – beinhaltet vor dem Hintergrund der Regelung in § 29 III 2 StVZO die Prüfplakette für und gegen jedermann auch den Nachweis, dass die geprüften Fahrzeuge zum Zeitpunkt der letzten Haupt­untersuchung als vorschriftsmäßig befunden wurden (…). Denn § 29 III 2 StVZO bestimmt, dass die angebrachte Prüfplakette bescheinigt, dass das Fahrzeug zum Zeitpunkt der Untersuchung vorschriftsmäßig nach Nr. 1.2 der Anlage VIII zur StVZO ist. (…) Angesichts dieser eindeutigen Regelungen ist davon auszugehen, dass die Feststellung des Nichtvorhandenseins erheblicher Mängel kraft Gesetzes Inhalt der Urkunde ist.“ (Rn. 9)

„Die Gegenansicht, durch Erteilung der HU-Prüfplakette werde mit Beweis­wirkung für und gegen jedermann nur der Nachweis des Termins der nächsten Haupt­untersuchung erbracht (…), überzeugt vor dem Hintergrund der ausdrücklichen Bestimmung des Urkunden­inhalts in der StVZO nicht.“ Insoweit „ist auch nicht von Bedeutung, dass der Erklärungs­gehalt keinen Niederschlag in der Gestaltung der HU-Prüfplakette (…) und/oder des entsprechenden Eintrags in der Zulassungs­bescheinigung Teil I findet.“ Es handle sich „schließlich bei der Feststellung der Vorschriftsmäßigkeit eines Kraftfahrzeugs auch nicht lediglich um ein der Beurkundung nicht fähiges Werturteil (…), sondern um durch Nr. 1.2  Anlage VIII zur StVZO hinreichend klar bestimmte Tatsachen.“ (Rn. 10)

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