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BGH, Beschl. v. 16.08.2018 – 1 StR 370/18: Zum Ausnutzungs­bewusstsein bei der Heimtücke

Sachverhalt:

Auf einer Gartenparty kam es zwischen dem Angekl. A und dem späteren Geschädigten G zu einem Streit, infolgedessen der Gastgeber den A bat, die Party zu verlassen. Da A sich nicht freiwillig entfernte, wurde er vom Grundstück verbracht. Als er mit zwei großen Küchenmessern bewaffnet zur Party zurückkehrt rief A laut: „ Ich bring euch alle um“. A ging dann sogleich auf den in der Nähe sitzenden G, der dessen Ruf nicht vernommen hatte und mit seinem Mobiltelefon beschäftigt war, zu. Er stach mit einem der Messer wuchtig in Richtung des Oberkörpers des G ein, um diesen tödlich zu verletzten. Da G jedoch im Aufstehen begriffen war, verfehlte das Messer den Oberkörper und traf stattdessen seinen Oberschenkel. Als A den Garten verließ, erkannte er, dass er den G so schwer verletzt hatte, dass dieser ohne sofortige Rettungs­maßnahmen versterben würde. G konnte durch eine Notoperation gerettet werden.

Das LG verurteilte den Angekl. wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung. Nach Ansicht des BGH hält dies der rechtlichen Nach­prüfung nicht stand, weil das LG die subjektive Seite der Heimtücke nicht ausreichend belegt habe.

Aus den Gründen:

„In subjektiver Hinsicht setzt der Tatbestand des Heimtückemordes (§ 211 Abs. 2 StGB) nicht nur voraus, dass der Täter die Arg- und Wehrlosigkeit des Tatopfers erkennt; erforderlich ist außerdem, dass er die Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers bewusst zur Tatbegehung ausnutzt (…). Dafür genügt es, wenn er die die Heimtücke begründenden Umstände nicht nur in einer äußerlichen Weise wahrgenommen, sondern in dem Sinne in ihrer Bedeutung für die Tatbegehung erfasst hat, dass ihm bewusst geworden ist, einen durch seine Ahnungs­losigkeit gegenüber dem Angriff schutz­losen Menschen zu überraschen.“ (Rn.6)

„Das Ausnutzungs­bewusstsein kann bereits dem objektiven Bild des Geschehens entnommen werden, wenn dessen gedankliche Erfassung durch den Täter auf der Hand liegt (…). Das gilt in objektiv klaren Fällen bei einem psychisch normal disponierten Täter selbst dann, wenn er die Tat einer raschen Eingebung folgend begangen hat (…). Allerdings kann die Spontaneität des Tatentschlusses im Zusammenhang mit der Vorgeschichte der Tat und dem psychischen Zustand des Täters ein Beweisanzeichen dafür sein, dass ihm das Ausnutzungs­bewusstsein fehlte.“ (Rn.7)

An diesen Maßgaben gemessen seien die Feststellungen des Landgerichts nicht geeignet, die Annahme eines Ausnutzungs­bewusstseins des A zu tragen.

„Schon der objektive Geschehensablauf lässt nicht erkennen, dass A sich die Arg- und Wehrlosigkeit des G für die Tatbegehung zunutze machen wollte. Der Annahme eines Bewusstseins des A, die Arg- und Wehrlosigkeit des G für die Tatbegehung auszunutzen, steht dabei bereits der laute Ruf des A „Ich bring euch alle um!“ bei Betreten des Gartens und der Umstand entgegen, dass er in jeder Hand ein langes Küchenmesser hielt. Denn A konnte und musste davon ausgehen, dass die Partygäste – auch G – seine offen getragenen Messer bemerkt sowie seinen lauten Ruf vernommen hatten und demzufolge mit einem unmittelbar bevorstehenden Angriff auf ihr Leben rechneten.“ (Rn.8)

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