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BGH, Beschl. v. 09.01.2019 – 2 StR 288/18: Zur Frage des Allein- oder Mitgewahrsams eines stellvertretenden Filialleiters an Bargeld

Sachverhalt: Die Angekl. B und C täuschten einen Überfall auf die Filiale der Firma S. vor, bei der B als stellvertretender Filialleiter arbeitete. Der maskierte C erschien entsprechend der getroffenen Absprache auf dem Hof des Bau­marktes, bedrohte B und den Angestellten Ca. unter Vorhalt einer geladenen Schreckschusspistole und forderte sie zur Herausgabe von Bargeld auf. B ließ nicht erkennen, dass er eingeweiht war, und ging zusammen mit Ca. und C in das Büro des nicht anwesenden Filialleiters. Dort öffnete B den Tresor und übergab C Bargeld i.H.v. ca. 6.500 €. C verließ mit der Beute den Bau­markt, die am Abend hälftig aufgeteilt wurde. Das LG hat die Angekl. wegen besonders schweren Raubes gem. §§ 249 I, 250 II Nr. 1 StGB verurteilt.

Aus den Gründen:
Dies hält rechtlicher Über­prüfung nicht stand, da ein für die Wegnahme erforderlicher Gewahrsamsbruch nicht festgestellt ist.

„Wer Gewahrsam an dem im Tresor befindlichen Geld gehabt hat, wird im Urteil nicht näher erläutert. Es versteht sich nach den getroffenen Feststellungen auch nicht von selbst, dass ein anderer als (…) B, der offensichtlich als stellvertretender Filialleiter unmittelbaren Zugriff auf den Tresor und das dort befindliche Geld hatte, (Mit-)Gewahrsam hatte, den die Angekl. gebrochen haben könnten. (…) Ob und wer Gewahrsam an einer Sache hat, beurteilt sich nach den Umständen des einzelnen Falles und den Anschauungen des täglichen Lebens (…). Danach ist es zwar nahe liegend, dass ein Filialleiter eines Bau­marktes Gewahrsam an dem Geld hat, das sich in einem Tresor in seinem Büro befindet. Dies gilt jedenfalls dann, wenn er vor Ort anwesend ist und über einen Schlüssel für den Tresor oder eine Zugriffskennung für diesen verfügt.“ (Rn. 5)

„Ob dies aber auch der Fall ist, wenn er sich – wie hier – nicht in seinem Büro bzw. im Bau­markt aufhält und von seinem Stellvertreter vertreten wird, hängt von Umständen ab (…). Maßgeblich dafür ist, ob der Filialleiter trotz der Vertretung weiter unmittelbaren Zugriff auf den Tresor und seinen Inhalt hat (etwa weil er einen eigenen Schlüssel besitzt und eine Sachherrschaft auch in überschaubarer Zeit realisieren kann), der Stellvertreter also lediglich neben dem Filialleiter Sachherrschaft über den Tresor besitzt, oder ob die Verantwortung unter anderem auch für den Inhalt des Tresors auf den Stellvertreter vollständig übergegangen ist. Dies könnte etwa der Fall sein, wenn dem Stellvertreter eine Stellung zukommt, die nach Aufgaben und Verantwortung der eines allein­verantwortlichen Kassiers vergleichbar ist, ohne dass es insoweit darauf ankommt, dass er der Kontrolle und Weisung des Filialleiters unterliegt (…).“ (Rn. 6)

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