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BGH, Beschl. v. 20.08.2019 – 2 StR 381/17: Zur Vermögensbetreuungs­pflicht i.R.d. Untreue

Der Darlehensnehmer hat gegenüber dem Darlehensgeber grundsätzlich keine Vermögensbetreuungs­pflicht, soweit nicht die zweckgerichtete Verwendung der Mittel wirtschaft­lich im Mittelpunkt des Vertrages steht.

Sachverhalt: 2005 gründete der Angekl. A die U-GmbH, um mit dieser und weiteren Gesellschaften (U-Gruppe) Publikumsfonds aufzulegen. Er bot über die Gesellschaften nacheinander über 5 Fonds Anlegern die Möglichkeit, sich mittelbar als Treugeber über eine Treuhandkommanditistin an den Fonds zu beteiligen. Diese Fonds gewährten jeweils einer Investitions­gesellschaft ein verzinsliches Darlehen für Investitionen im Immobiliensektor. Mittels der Zinszahlungen der jeweiligen Darlehnsnehmerin sollten die Ausschüttungen für die von A aufgelegten Fonds generiert werden. 2012 vereinbarte A mit dem gesondert verfolgten S, der Vorstand bzw. Geschäftsführer aller Darlehensnehmer-Gesellschaften war, aufgrund finanz­ieller Engpässe seiner U-Gruppe, dass die Darlehensnehmerinnen aller 5 Fonds zusätzliche Zahlungen leisten sollten. Diese sollten als angebliche Beraterleistungen über die V-UG, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer A war, abgewickelt werden. A und S wussten, dass keine entsprechenden Beraterleistungen erfolgen und die Zahlungen letztendlich A selbst zugutekommen sollten. Entsprechend der Vereinbarung stellte A namens der V-UG insgesamt 6 Rechnungen über insgesamt ca. 1,1, Mio. €, die auf Veranlassung des S bezahlt wurden. A überwies von diesen Geldern zumindest 130.000 € auf sein privates Konto.

Das LG hat A wegen Anstiftung zur Untreue in 6 Fällen zum Nachteil der Anleger der U-Gruppe verurteilt.

Aus den Gründen:

Die Verurteilung hält rechtlicher Über­prüfung nicht stand. Es fehlt an einer Haupttat, da S gegenüber den Anlegern der Fonds keine Vermögensbetreuungs­pflicht hatte.

„Bei Darlehens­verhältnissen oder sonstigen Kredit­vereinbarungen ist der Darlehensnehmer gegenüber dem Darlehensgeber grundsätzlich nicht treupflichtig (…). Denn der Darlehensnehmer handelt nicht in fremdem, sondern im eigenen Interesse. Über die Einzelheiten des Mitteleinsatzes entscheidet der Darlehensnehmer selbst, weil er mit dem zur Verfügung gestellten Darlehen ein zeitlich befristetes Kapitalnutzungs­recht erwirbt (…). Bei einem zweckgebundenen Darlehen kann jedoch durch die Einbeziehung auftragsähnlicher Elemente im Einzelfall eine derartige Vermögensbetreuungs­pflicht des Darlehensnehmers gegenüber dem Darlehensgeber begründet werden (…). Erforderlich ist dabei, dass das Vertrags­verhältnis Elemente einer Geschäftsbesorgung aufweist und die dadurch festgelegte Verpflichtung zur fremdnützigen Vermögenssorge einen wesentlichen Inhalt des Vertrags­verhältnisses ausmacht und nicht von unter­geordneter Bedeutung ist (…). Dies wird bei einem Darlehen in der Regel nur dann in Betracht kommen, wenn durch die besondere Zweckbindung und die sich daraus ergebende Verpflichtung des Darlehensnehmers zur zweck­gerechten Verwendung der Valuta Vermögensinteressen des Darlehensgebers geschützt werden und diese wirtschaft­lich im Mittelpunkt des Vertrages stehen (…). Demgegenüber können allgemeine schuldrechtliche Verpflichtungen des Darlehensgebers keine Vermögensbetreuungs­pflicht begründen.“ (Rn. 15)

Nach diesen Maßstäben oblag S keine Vermögensbetreuungs­pflicht gegenüber den Anlegern der Fonds. „Die dem S als Vorstand bzw. Geschäftsführer der Darlehnsnehmerinnen zukommende Vermögensmacht über die darlehnsweise überlassenen Geldmittel bezog sich (…) ausschließlich auf das Vermögen der Darlehnsnehmerinnen und begründete keine tatsächliche Ein­wirkungs­möglichkeit auf das Vermögen der darlehnsgebenden Fond­gesellschaften oder deren Anleger.“ (Rn. 17) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Zweck­bestimmung für Immobilieninvestitionen, denn die Einzelheiten des Mitteleinsatzes oblagen nach den Darlehensverträgen den Darlehensnehmerinnen. „Eine derart allgemein gehaltene Umschreibung des Verwendungs­zwecks kann (…) keine besondere Zweckbindung begründen, die die sach­gerechte Mittelverwendung in den Mittelpunkt des Darlehensvertrages rückt.“ (Rn. 20)

Auch ein Vermögensschaden der Anleger wurde nicht rechts­fehlerfrei festgestellt. Die Strafkammer hat lediglich den Auszahlungs­betrag mit dem Schaden auf Seiten der Anleger gleichgesetzt. Aber: „Die Zahlungen der Darlehensnehmerinnen an die V-UG lassen deren Darlehensrückzahlungs­verpflichtung gegenüber den beiden Darlehensgeberinnen rechtlich unberührt.“ (Rn. 22) „Die Werthaltigkeit des Rückzahlungs­anspruchs wird durch die Bonität des Schuldners und den Wert der bestellten Sicherheiten bestimmt. Ein Schaden entsteht nur, wenn die Rückzahlungs­möglichkeit nicht besteht (…) und gegebenenfalls gegebene Sicherheiten wertlos oder minderwertig sind.“ (Rn. 23)

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