Sachverhalt:
A ist Soldat bei der Bundeswehr und war ab Februar 2018 in Mali, Camp Castor, stationiert. Er war dabei mit zwei paar Bundeswehrstiefeln ausgerüstet, wobei diese im Einsatz Trageprobleme auslösten. Daher versuchte A diese gegen ein Paar mit besserem Tragekomfort der Marke Meindl zu tauschen, was ihm verweigert wurde. A entwendete daher aus einem Regal vor einer Stube die dort abgestellten Stiefel der Marke Meindl, Größe 42, um diese für sich zu nutzen. Da A Schuhgröße 43 hat, entschloss er sich, die Stiefel gegen ein ihm passendes Paar umzutauschen. Hierzu suchte er die Materialgruppe auf und versuchte B zu bewegen, ihm ein neues Paar Stiefel im Umtausch auszuhändigen. Dies verweigerte B, worüber sich A bei dessen Vorgesetzten beschwerte. Dieser ordnete daraufhin den Umtausch der Schuhe an. A wusste dabei, dass er keinen Anspruch auf den Erhalt neuer Stiefel hatte, da die Voraussetzungen für einen Umtausch nicht vorlagen. Die Stiefel wurden sodann von A im Dienst verwendet, aber keiner privaten Nutzung zugeführt.
Das LG hat den Tatbestand des Diebstahls als nicht erfüllt angesehen, weil bei Ausrüstungsgegenständen der Soldaten von einem Mitgewahrsam des Standortkommandanten auszugehen sei, den A nicht gebrochen habe. Zudem sei keine Zueignungsabsicht gegeben, da A nicht die Absicht gehabt habe, die Stiefel der Bundeswehr zu entziehen und davon ausgegangen sei, dass die Stiefel spätestens bei seiner Abmusterung wieder an die Bekleidungskammer zurückgelangen. Den Tatbestand des Betruges hat das LG als nicht gegeben angesehen, weil A die Absicht, sich einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, nicht nachzuweisen sei. (Rn. 9)
Das BayObLG hat die Revision der Staatsanwaltschaft als unbegründet zurückgewiesen. Die vom LG getroffenen Feststellungen tragen die Annahme, A sei weder das Entwenden der Stiefel als Diebstahl strafrechtlich anzulasten noch deren Umtausch als Betrug.
Aus den Gründen:
Zum Vorwurf des Diebstahls:
Auf die Annahme des LG, es liege kein Gewahrsamsbruch vor, kommt es nicht an, denn eine Zueignung ist nicht festzustellen. Diese setzt eine Verhaltensweise voraus, in der sich der Zueignungswille objektivierbar manifestiert. Diese ist in der bloßen Benutzung von Ausrüstungsgegenständen im Dienst nicht zu sehen. In der Rechtsprechung ist anerkannt, „dass Soldaten, die sich Ausrüstungsgegenstände verschaffen, um bei der Abmusterung diese anstelle von nicht mehr vorhandenen Ausrüstungsgegenständen zurückzugeben, nicht mit Zueignungsabsicht handeln, da sich objektiv und nach ihrer subjektiven Vorstellung durch ihr Tun nichts an der Eigentümerstellung der Bundeswehr ändert.“ (Rn. 18)
Auch dass A sich ein drittes Paar Stiefel verschafft hat, aber nur zwei Paar zurückgeben müsste, vermag die Manifestation nicht zu begründen. „Dies gilt unabhängig davon, ob [A] bereits bei der Wegnahme der Stiefel die Absicht hatte, diese gegen ihm passende auszutauschen oder ob er den Entschluss hierzu erst später gefasst hat. Im erstgenannten Fall ist ein Unterschied zum vom BGH beurteilten Abmusterungsfall nicht gegeben, da die Stiefel dann gerade im Eigentum der Bundeswehr verbleiben sollten. Auch dann, wenn A zum Zeitpunkt der Wegnahme die Absicht gehabt haben sollte, die entwendeten Stiefel selbst zu benutzen, hat er durch deren Verwenden im Lager Gao noch keinen Zueignungswillen zum Ausdruck gebracht. „(Rn. 19)
Zum Vorwurf des Betrugs:
Der Auffassung des LG, es liege eine täuschungsbedingte Vermögensverfügung vor, die zu einem Schaden i.H.d. Einkaufspreises geführt habe, ist rechtsfehlerhaft, denn durch die Ausgabe der Stiefel verliert die Bundeswehr das Eigentum an diesen nicht. Vielmehr besteht gegenüber jedem Soldaten ein Anspruch auf Rückgabe der ihm ausgehändigten Ausrüstungsgegenstände. Ob der Bundeswehr durch die Ausgabe der Stiefel ein Schaden entstanden ist, bedarf indes keiner Beurteilung durch den Senat, da die Auffassung des LG, A sei durch die Aushändigung der Stiefel im Austausch für die zuvor entwendeten Stiefel nicht bereichert, zutrifft. (Rn. 22, 23)
Die vom Täter angestrebte Bereicherung muss in einem rechtswidrigen Vermögensvorteil, also einer Erhöhung des wirtschaftlichen Gesamtvermögens des Täters, bestehen. Der bloße Vorteil, bequemere Schuhe zu tragen, lässt sich nicht als Vermögenssteigerung erfassen. Eine Vermögenssteigerung würde nur dann bestehen, wenn A sich die Stiefel seinem eigenen Vermögen einverleibt. Das ist durch die bloße Benutzung der Stiefel im Dienst noch nicht der Fall. (Rn. 24 f.)
Zudem findet die Annahme, dass A nur zwei Paar Stiefel bei seiner Abmusterung zurückgeben müsse, keine Stütze, da er alle Ausrüstungsgegenstände bei der Abmusterung zurückzugeben hat, auch solche, die bei Ausgabe nicht erfasst wurden. Auch wenn der unmittelbare Besitz der Stiefel einen Vermögensvorteil darstellen sollte, würde dieser durch den Rückgabeanspruch der Eigentümerin kompensiert. (Rn. 26)
Selbst wenn A zum Zeitpunkt des Umtauschs der Stiefel die Absicht gehabt haben sollte, diese später nicht zurückzugeben, wäre sein Tun lediglich eine straflose Vorbereitungshandlung für den Betrug, der darin besteht, bei der Abmusterung zu verschweigen, noch im Besitz weiterer Ausrüstungsgegenstände der Bundeswehr zu sein. (Rn. 27)