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BGH, Beschl. v. 14.01.2020 – 4 StR 397/19: Zum Versuchsbeginn bei Qualifikations­tatbeständen oder Tatbeständen mit Regelbeispielen

Sachverhalt:

Der Angeklagte hebelte ein Küchenfenster bzw. eine Terassentür eines Einfamilienhauses auf. Nach erfolgreichem Aufhebeln von Fenster bzw. Terrassentür wurde er von einer Nachbarin bzw. von den zurückkehrenden Hauseigentümern entdeckt und angesprochen; daraufhin sah der Angeklagte sein Vorhaben als gescheitert an und entfernte sich.

Begründung:

Die Feststellungen tragen die Annahme eines (fehlgeschlagenen) Versuchs des § 244 Abs. 4 StGB. 

Denn gemäß § 22 StGB wird eine Straftat versucht, wenn der Täter nach seiner Vorstellung zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt. Ein solches unmittelbares Ansetzen besteht in einem Verhalten des Täters, das nach seiner Vorstellung in ungestörtem Fortgang ohne weitere Zwischenakte zur (vollständigen) Tatbestandsverwirklichung führt oder im unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang in die Tatbestandsverwirklichung einmündet (st. Rspr.). Dies gilt auch für die Prüfung des Versuchsbeginns bei Qualifikations­tatbeständen oder Tatbeständen mit Regelbeispielen. Eine Verneinung des unmittelbaren Ansetzen bei der Verwirklichung eines Qualifikations­tatbestandes kann somit lediglich dann vorliegen, wenn im jeweiligen Einzelfall der Täter nach seiner Vorstellung von der Tat noch nicht die Schwelle überschritten hat, welche ohne weitere Zwischenakte in die vollständige Verwirklichung des Tatbestandes münden soll. 

Auch für den Versuchsbeginn beim Wohnungs­einbruchdiebstahl im Sinne des § 244 Abs. 4 StGB kommt es maßgeblich auf das Vorstellungs­bild des Täters bei der Verwirklichung des qualifizierenden Merkmals des Einbrechens an; handelt er beim Aufhebeln eines Fensters oder bei der gewaltsamen Überwindung eines sonstigen Hindernisses in der Vorstellung, in unmittelbarem Anschluss hieran in die (Privat)Wohnung einzudringen und hieraus stehlenswerte Gegenstände zu entwenden, so ist die Schwelle zum Versuch regelmäßig überschritten und das geschützte Rechts­gut aus der maßgeblichen Tätersicht bereits konkret gefährdet. Unerheblich ist insofern, dass der Täter tatsächlich noch keine unmittelbar der Wegnahme von Wertgegenständen dienenden Handlung vorgenommen hat.

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