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BGH, Beschl. v. 21.01.2020 – 3 StR 392/19: Zur Brandstiftung mit Todesfolge

Sachverhalt:

Der Anklagte A wurde stationär in einem Krankenhaus behandelt. Am dritten Tag seines Aufenthalts tötete A den krankheitsbedingt bewegungs­un­fähig im Bett liegenden Mann, mit dem er sich ein Zimmer teilte, indem er ihm die Bettdecke über den Kopf zog, mit einer entzündlichen Flüssigkeit das Oberbett benetzte und dieses oder die Matratze mit einem Feuerzeug anzündete. Das Bett stand kurze Zeit später vollständig in Flammen, das Zimmer war stark verqualmt. Nach Löschung des Feuers war die Krankenstation für Renovierungs- und Reinigungs­arbeiten, die aufgrund der vollständigen rauchbedingten Verschmutzungen erforderlich waren, zwei Tage lang komplett gesperrt. Das Patientenzimmer sowie der angrenzende Raum waren auch siebeneinhalb Monate später nicht wieder in Betrieb genommen. Durch den Rauch und die Hitze waren sämtliche Trockenbauwände, die Decke, Fenster und Fliesen beschädigt und mussten erneuert werden.

A erkannte bei Inbrandsetzen des Betts, dass durch die Hitze­entwicklung und erhebliche Rußbeaufschlagung die Krankenstation für eine nicht unbeträchtliche Zeit für ihre Zwecke unbenutzbar werden würde und nahm dies billigend in Kauf.

Das LG hat die Tat als Brandstiftung mit Todesfolge nach § 306c i.V.m. § 306 Abs. 1 Nr. 3 StGB gewertet. Der BGH stimmte dieser Entscheidung zu.

Aus den Gründen:

„Ein Gebäude ist teilweise zerstört, wenn für eine nicht nur unerhebliche Zeit ein für das ganze Objekt zwecknötiger Teil oder dieses wenigstens für einzelne seiner wesentlichen Zweck­bestimmungen unbrauchbar wird oder wenn einzelne seiner Bestandteile, die für einen selbständigen Gebrauch bestimmt oder eingerichtet sind, vernichtet werden (…). Das ist zum einen dann gegeben, wenn das Gebäude im Ganzen zumindest einzelne von mehreren seiner Zweck­bestimmungen nicht mehr erfüllen kann (…). Zum anderen liegt eine teilweise Zerstörung auch dann vor, wenn ein wesentlicher, funktionell selbständiger Teil des Gebäudes nicht mehr bestimmungs­gemäß nutzbar ist (…).“ (Rn.7)

Ob ein solcher Zerstörungs­erfolg eingetreten ist, müsse anhand der Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Es sei objektiv zu bewerten, ob der Zeitraum der Aufhebung oder Einschränkung der Nutzung für eine teilweise Zerstörung ausreicht. Wenige Stunden oder einen Tag reichen für eine beträchtliche Zeitspanne nicht aus.

Hiernach sei eine teilweise Zerstörung des Krankenhausgebäudes gegeben. Die Nutzung der Station, die ein wesentlicher funktionell selbstständiger Teil des Gebäudes ist, war für zwei volle Tage nicht möglich. Dieser Zeitraum sei erheblich, zumal der Betrieb auf der Station auch in der Folgezeit eingeschränkt war.

Infolgedessen sei eine Entscheidung dahingehend, ob nur das Krankenhausgebäude als Tatobjekt der schweren Brandstiftung nach § 306a Abs. 1 Nr. 3 StGB anzusehen ist oder ob auch das Patientenzimmer selbst eine Räumlichkeit i.S.d. § 306a Abs. 1 Nr. 3 StGB darstellt. Eine Auslegung im letztgenannten Sinn hätte jedoch im Hinblick auf die verschiedenen Nutzungs­zwecke in Betracht kommen können.

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