Sachverhalt (Rz. 2–9)
Der Angeklagte B. war seit dem Jahr 2000 Werkleiter des von der Stadt als Eigenbetrieb organisierten Krankenhauses. Sein Vorgesetzter war der Angeklagte M. als Oberbürgermeister der Stadt. Im Jahr 2003 entschied die Stadt , den Betrieb des Krankenhauses auf eine gemeinnützige GmbH auszugliedern. In Umsetzung der Umstrukturierung wurde der B. zu deren Geschäftsführer bestellt. Der mit Wirkung zum 1. Januar 2004 zwischen der R. gGmbH und dem Angeklagten B. geschlossene Geschäftsführeranstellungsvertrag war bis zum 31. März 2017 befristet und nur aus wichtigem Grund kündbar. In dem Geschäftsführeranstellungsvertrag war vereinbart, dass ihm für die Zeit des Ruhestands ein Anspruch auf Ruhegehalt gegenüber der R. gGmbH zusteht.
Am 29. September 2010 äußerte der Angeklagte B. gegenüber der Gesellschafterversammlung der R. gGmbH seinen Wunsch, als Geschäftsführer vorzeitig in den Ruhestand zu treten. Er versuchte die Angeklagten M. und A. dazu zu bewegen, sich für den Abschluss eines Änderungsvertrags zum Geschäftsführeranstellungsvertrag einzusetzen. Spätestens seit dem 4. Februar 2011 war der Angeklagte B. an Krebs erkrankt. Am 6. Juli 2011 fand eine Gesellschafterversammlung der R. gGmbH statt, in der die Angeklagten M. , A. , W. und E. gegen die Stimmen der drei anderen Mitglieder einer dem Änderungsvertrags zustimmten. Der Vertrag sah eine Beendigung des aktiven Dienstverhältnisses zwischen der R. gGmbH und dem Angeklagten B. mit Ablauf des 31. März 2014 sowie seine vorherige Freistellung und Abberufung als Geschäftsführer zum 1. Oktober 2011 vor.
Fraglich ist, ob die Angeklagten M. , A. , E. und W. durch ihre Zustimmung ihre Vermögensbetreuungspflicht gegenüber der R. gGmbH im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB verletzt und ihr dadurch einen Vermögensnachteil zugefügt haben und der B. zu dieser Tat angestiftet hat.
Die Vermögensbetreuungspflicht, § 266 Abs. 1 StGB
Die Strafkammer hat die Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht darin gesehen, dass die im Änderungsvertrag getroffenen Regelungen über die Freistellung und Abberufung des Angeklagten B. als Geschäftsführer sowie über die Vorverlegung seines Ruhestands nicht durch die Verfolgung legitimer öffentlicher Aufgaben gerechtfertigt gewesen seien und der R. gGmbH keinen zukunftsbezogenen Nutzen gebracht hätten. Darüber hinaus hätten die angeklagten Mitglieder der Gesellschafterversammlung keine Alternativen zum Änderungsvertrag mit gegebenenfalls niedrigeren Folgekosten, namentlich dessen außerordentliche Kündigung, in den Blick genommen. (Rz.10)
Die Angeklagten waren verpflichtet, als Mitglieder der Gesellschaftsversammlung die Vermögensinteressen der R. gGmbH wahrzunehmen. Dies ergibt sich aus der zur Tatzeit gültigen Niedersächsischen Gemeindeordnung (§ 111 Abs. 1 Satz 2 NGO). Die Vornahme unwirtschaftlicher Geschäfte, zu der die Gesamtheit der Gesellschafter von Kapitalgesellschaften nach gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen prinzipiell berechtigt sind war ihnen daher verwehrt. Das Sparsamkeitsgebot, wonach der Staat nichts „verschenken“ darf, stellt ein allgemeines Prinzip der Haushaltsführung für den gesamten öffentlichen Bereich dar. (Rz. 13–19)
Eine Pflichtverletzung nach § 266 Abs. 1 StGB liegt erst vor, wenn die Grenzen, in denen sich ein von Verantwortungsbewusstsein getragenes, ausschließlich am Unternehmenswohl orientiertes, auf sorgfältiger Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen beruhendes unternehmerisches Handeln bewegen muss, überschritten sind und die Bereitschaft, unternehmerisches Risiko einzugehen in unverantwortlicher Weise überspannt wird. Innerhalb dieses Begrenzungsrahmens steht dem Vermögensbetreuungspflichtigen ein weiter Beurteilungs- und Ermessensspielraum zu. (Rz. 22)
Aus dem Sparsamkeitsgebot ergibt sich nichts anderes. In ihm findet ebenfalls der äußere Begrenzungsrahmen des dem Unternehmer eingeräumten weiten Beurteilungs- und Ermessensspielraums Ausdruck. (s. BGH, Beschluss vom 20. Juni 2018 – 4 StR 561/
Das Nichterwägen einer Handlungsalternative kann grundsätzlich nur dann zu einer Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht führen, wenn es sich als für das Vermögen des Geschäftsherrn voraussichtlich vorteilhaft erwiesen hätte, sie zu ergreifen. (Rz. 36)
Subsumtion
Die Angeklagten haben somit nicht ihre Vermögensbetreuungspflichten verletzt. Dies gilt sowohl für die Zustimmung zum Änderungsvertrag als auch für das Nichtergreifen der vom Landgericht angeführten Handlungsalternativen. Die Zustimmung war nicht pflichtwidrig. Bei dem Angeklagten B. handelte es sich um einen aufgrund seiner Krebserkrankung nur noch eingeschränkt leistungsbereiten und – fähigen Beschäftigten. Der B. war bis zum 29. Juli 2011 arbeitsunfähig und ab Juli 2011 zu 100 % schwerbehindert. Unter Berücksichtigung dessen ist es jedenfalls nicht ohne weiteres Sachwerte, das Dienstverhältnis unter Reduzierung der Gesamtbezüge vorzeitig zu beenden. (Rz. 27, 33)
Dass die Mitglieder der Gesellschaftsversammlung es unterließen, einen Beschluss über eine außerordentliche Kündigung des B. herbeizuführen ist ebenfalls nicht pflichtwidrig, da bei der außerordentlichen Kündigung eine umfassende Interessenabwägung vorzunehmen ist. Es ist nicht feststellbar, ob und in welchem Ausmaß die Kündigung für die R. gGmbH vorteilhafter gewesen wäre. (Rz. 35)
Aufgrund der lückenhaften Feststellungen zur Haupttat ist auch die Verurteilung des B. wegen Anstiftung rechtsfehlerhaft. (Rz. 39)
Das Urteil ist im gesamten Schuld- und Strafausspruch aufzuheben.