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BGH Beschl. v. 02.02.2021 – 2 StR 155/20: Zur Untreue

Sachverhalt

Der Angeklagte war als „Interimsmanager“ der B. tätig, wobei er unter anderem für die Rekrutierung von Fach- und Führungs­kräften zuständig war. Dabei hatte er ein vertragliches Wettbewerbsverbot, sein Wissen und Können nicht in die Dienste eines konkurrierenden Unternehmens zu stellen oder ein solches zu gründen. Alsbald gründete der Angeklagte mit Dö. die m. GmbH, an der beide jeweils 50 % der Anteile hielten, mit dem Zweck, medizinisches Fach­personal zu rekrutieren. Fortan übte der Angeklagte sein Ermessen bzgl. der Personalsuche ausschließlich zugunsten der m. aus. Nach einer auf Veranlassung des Dö. getroffenen Vereinbarung rechnete der Angeklagte 20 % der Summe, die die B. der m. für die jeweilige Vermittlung geleistet hat, als „Vermittlungs­provision“ gegenüber der m. ab. Ohne diese Vereinbarung hätten dem Angeklagten ein hälftiger Gewinnanteil aufgrund seiner Beteilung an der m. zugestanden.

Aus den Gründen

Das Landgericht verurteile den Angeklagten wegen Untreue in Tateinheit mit Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr.

Bezüglich der Untreue habe der Angeklagte seine Vermögensbetreuungs­pflicht verletzt, indem er nicht den günstigst-verfügbaren Preis weitergegeben habe, sondern der m.  jeweils zu einem um seine eigene Provision überhöhten Preis Aufträge erteilte.

Zudem sei er im geschäftlichen Verkehr bestechlich gewesen, indem er die m. aufgrund der in Aussicht stehenden Provision unlauter bevorzugte.

Eine ausdrückliche Vereinbarung eines Preisaufschlags in Höhe der jeweils an den Angeklagten geflossenen Zahlungen auf den von der m. von der B. für jede Vermittlung ansonsten geforderten Betrags ist nicht festgestellt.

Auch kann in der Zahlung durch die m. an den Angeklagten unter den hier festgestellten Umständen keine „verdeckte Schmiergeldzahlung“ – eine aus den Leistungen des Treugebers an dessen Geschäfts­partner bewirkte Zahlung, die an den Treunehmer im Rahmen eines von ihm für seinen Treugeber vermittelten Vertragsschlusses fließt – gesehen werden, die die B. zusätzlich zu ihrer eigentlichen vertraglichen Leistung zu bewirken gehabt und zu einer Überhöhung des von ihr an die m. gezahlten Entgelts geführt hätte. Dem Angeklagten stand als Geschäftsführer der m. grundsätzlich nach § 29 I 1, III 1 GmbHG ein Anspruch auf den hälftigen Anteil am Gewinn der m. zu. Die „Provisions­vereinbarung“ führt wirtschaft­lich betrachtet viel mehr zu einer Reduzierung dieses Anspruches.

Daher wird die Verurteilung wegen Untreue aufgehoben, was auch dem Schuldspruch wegen tateinheitlich begangener Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr die Grundlage entzieht.

Der BGH führt weiter aus:

Eine Treuepflichtverletzung des Angeklagten könnte sich dennoch daraus ergeben, dass er sich aus sachfremden Erwägungen – geleitet von der Aussicht auf an ihn fließende „Provisionszahlungen“ – ausschließlich die m. beauftragte, ohne möglicherweise wirtschaft­lichere Angebote konkurrierender Personaldienstleistungs­unternehmen in Betracht zu ziehen. Ein Vermögensnachteil im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB läge in einem solchen Falle dann vor, wenn sich der von der m. geforderte Preis von 30 Prozent des Bruttojahresgehalts des jeweils an die B. vermittelten Arbeitnehmers im Vergleich zur Markt­situation als übersetzt darstellen würde.

Außerdem könnte sich eine Treuepflichtverletzung daraus ergeben, dass der Angeklagte die Personalsuche nicht selbst als „Interimsmanager“ durchführte, sondern zu diesem Zwecke eine von ihm selbst gegründete GmbH gegen Entgelt damit beauftragte. Der Schaden der B. wären die gesamten für die Vermittlungen an m. geleisteten Zahlungen.

Bezüglich der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr könnte die Unrechts­vereinbarung im Abschluss des Gesellschafts­vertrages zur Gründung der m. liegen – sofern dabei die Übereinkunft vorlag, sie bei der Vergabe von Personaldienstleistungen für die B. zu bevorzugen und hierfür am Gewinn der m. beteiligt zu werden – oder – falls dieser Entschluss erst nach der Gründung getroffen wurde – in der Verabredung mit Dö. und dem Angeklagten über die zu zahlende „Vermittlungs­provision“.

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