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BGH, Beschl. v. 28.07.2021 – 6 StR 314/21: einschränkende Auslegung des § 239a StGB im 2-Personen-Verhältnis

Sachverhalt:

A hat bei L Marihuana im Wert von 500 € bestellt und den Kaufpreis bereits bezahlt. Nachdem L in der Folgezeit das Marihuana wiederholt nicht lieferte, entschlosss A den L gemeinsam mit einem unbekannten Mittäter aufzusuchen, um ihn zu veranlassen ihm entweder das Marihuana oder die 500 € zu geben. Um seinem Anliegen Nachdruck zu verleihen, nahm er eine Schreckschusspistole und sein Begleiter einen Billard-Queue mit. Sie suchten das Gartenhaus des L auf. Auf ihr Klopfen öffnete L arglos die Tür. A zog sofort die Schreckschusspistole und hielt sie auf den Kopf des L. L hielt diese für „echt“ und wusste nicht, dass diese ungeladen war. A forderte L auf ihn entweder das Geld oder „das Gras“ zu übergeben. L kam der Aufforderungen nicht nach. Daraufhin begann der Angeklagte sich im Zimmer nach Marihuana und anderen werthaltigen Gegenständen umzusehen. Als A sich bückte, um unter dem Tisch nachzusehen, schlug L ihm gegen die Stirn. In dem nachfolgenden Handgemenge schlug der A mindestens zweimal kräftig mit dem Knauf der Schreckschusspistole gegen den Kopf. Auch der Begleiter des A schlug L mit dem Billard-Queue gegen den Kopf. L ging aufgrund der Schläge zu Boden. Der Begleiter des A nahm 40 € Bargeld aus der Börse des L und das Handy des L an sich. Dies entsprach dem gemeinsamen Tatplan. Der Angeklagte beabsichtigte das Handy als zusätzliches Druckmittel einzusetzen, um L zu weiteren Zahlungen zu veranlassen.

Das LG verurteilte A zu erpresserischer Menschenraub in Tateinheit mit besonders schwerem Raub und mit gefährlicher Körperverletzung.

Der BGH sah die Verurteilung wegen erpresserischen Menschenraubs als rechts­fehlerhaft an.

Urteilsgründe:

Der Tatbestand des § 239a StGB bedarf einer einschränkenden Auslegung. Der Täter muss durch das Nötigungs­mittel eine physische Herrschafts­gewalt über das Opfer erlangen. Die hierdurch geschaffene stabile Bemächtigungs­lage muss zu der Erpressung ausgenutzt werden. „Der erforderliche funktionale Zusammenhang liegt nicht vor, wenn sich der Täter des Opfers – wie hier – durch Nötigungs­mittel bemächtigt, die zugleich unmittelbar der beabsichtigten Erpressung dienen.“ (Rn. 6)

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