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BGH, Urt. v. 01.07.2021 – 3 StR 84/21: Zur Beihilfe beim Betrug

Sachverhalt [Rn. 2–7]

B schloss sich mit anderen Personen zusammen, um fortdauernd Betrugsstraftaten zu begehen und sich hieraus eine erhebliche Einnahmequelle zu verschaffen. Nach der Planung sollten älteren Personen durch Telefonanrufe eine Vermögensgefährdung suggeriert und sie so dazu gebracht werden, Gegenstände an vermeintliche Polizeibeamte zu übergeben. Rekrutierte ʺAbholerʺ sollten sich als Polizeibeamte unter falschen Identitäten vorstellen und die Gegenstände in Empfang nehmen. A vermittelte dem B den X, der dazu bereit war als Abholer tätig zu werden und dem der betrügerische Hintergrund klar war. Zudem erklärte sich A einverstanden, sich für diesen zu verbürgen und sich für kurzfristige Anforderungen als Mittelsmann bereitzuhalten. Dass er eine Gegenleistung für seine Tätigkeit erhielt, hat die Strafkammer nicht feststellen können. Im Folgenden beauftragte der A den X in insgesamt 5 Fällen, bei verschiedenen ʺKundenʺ Umschläge abzuholen und sich dabei unter falschem Namen als Polizeibeamter vorzustellen. Der Beteiligte nahm insgesamt 38.000 € bei den Geschädigten entgegen. Zwei Aktionen scheiterten im Versuchsstadium. Der A nahm ʺdieses Vorgehen und die Schädigung der Tatopfer in Kaufʺ. Spätestens ab der Übergabe des Geldes nach der ersten Tat war dem A bewusst, dass es sich um organisierten Betrug zum Nachteil älterer Menschen handelte.

Das LG verurteilte den A wegen Beihilfe zum Betrug in drei Fällen sowie Beihilfe zum versuchten Betrug in zwei Fällen.

Zur Revision der Staats­anwaltschaft [Rn. 9–23]

Die Staats­anwaltschaft macht zulasten des A geltend, dass eine mittäterschaft­liche Begehungs­weise des X und daraus folgend eine Anstiftung zum Betrug durch den A nicht in den Blick genommen wurden. Damit habe das Gericht gegen seine Kognitions­pflicht aus § 264 StPO verstoßen. Diese erfordert, dass der Prozess­stoff durch vollständige Aburteilung des einheitlichen Lebens­vorgangs erschöpft wird (BGH, Urt. vom 20. 09. 2018 – 3 StR 195/18).

Nach den bislang getroffenen Feststellungen stellt sich der Tatbeitrag des X als Mittäterschaft dar, wodurch eine Strafbarkeit des A wegen Anstiftung nicht von vornherein ausscheidet, da sich die Anstiftungs­handlung nicht ausschließlich auf einen Gehilfen bezieht. Außerdem hätte der X die Tat ohne die Kommunikation mit A nicht begehen können. Die zu Unrecht unterbliebene Erörterung einer etwaigen Strafbarkeit wegen Anstiftung hat die Aufhebung des gesamten Urteils mit den Feststellungen zur Folge. Eine eigene Sachentscheidung des Senats scheidet mit Blick auf die unklaren Feststellungen zum Vorsatz des Angeklagten und § 265 StPO aus. Das zur weiteren Entscheidung nunmehr berufene Tatgericht wird je nach den künftigen Feststellungen auch eine Strafbarkeit des A als Mittäter zu erwägen haben.

Zur Revision des Angeklagten [Rn. 24–32]

Der Angeklagte rügt, bezüglich der ersten Tat noch nicht vorsätzlich im Sinne der § 27 Abs. 1 StGB gehandelt zu haben. Ein Gehilfenvorsatz setzt voraus, dass der Gehilfe in dem Bewusstsein handelt, durch sein Verhalten das Vorhaben des Haupttäters zu fördern. (BGH, Beschl. vom 14. 01. 2021 – 1 StR 467/20). Nach Beendigung der Haupttat ist Beihilfe zu dieser nicht mehr möglich (BGH, Beschl. vom 8. 08. 2013 – 3 StR 226/13).

Der genaue Zeitpunkt, zu dem der Angeklagte den Sachverhalt durchschaute, ist unklar. Während er einerseits schon bei Weiterleitung der Informationen zum Treffpunkt Vorsatz gehabt haben soll, soll er andererseits spätestens während der Übergabe vom Abholer an ein anderes Banden­mitglied die Abläufe erkannt haben. Nach diesem letzten Zeitpunkt sind keine auf die erste Tat bezogenen Handlungen des Angeklagten mehr gegeben. Selbst wenn auf den früheren Zeitpunkt abgestellt würde, wäre eine Beihilfe zum Betrug nicht belegt; denn eine vorangegangene Beendigung der Haupttat liegt nach den Urteilsfeststellungen nahe. Die Geschädigte hatte den Umschlag mit dem Geld bereits übergeben und der Abholer sich damit zumindest zu seinem Fahrzeug begeben. Somit ergibt sich aus den Urteilsgründen nicht, dass der A mit (sukzessivem) Vorsatz bezüglich des Betruges handelte.

Der Schuld- und Strafausspruch ist infolge des aufgezeigten Rechts­fehlers in Bezug auf die erste Tat mit den zugehörigen Feststellungen aufzuheben. Dies zieht die Aufhebung der Gesamtstrafe nach sich.

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